Eishockey-Finale Warum bei den Eisbären Berlin gestern gleich heute ist

Auch Eisbären mögen es kuschelig: Die Berliner bejubeln den Einzug ins DEL-Finale nach dem Erfolg über Adler Mannheim. Foto: dpa/Andreas Gora

In der Deutschen Eishockey Liga hat das Play-off-Finale zwischen den Berlinern und dem EHC München begonnen. Eisbären-Urgestein Sven Felski fühlt sich an früher erinnert.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Sven Felski weiß, wie es sich anfühlt, Meister der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) zu sein. Ein halbes Dutzend Mal stemmte der Berliner den 10,4 Kilogramm schweren Silberpokal schon in die Höhe, sechsmal innerhalb von nur acht Jahren – 2005, 2006, 2008, 2009, 2011 und 2012. „Wir hatten damals eine Mannschaft, da stimmte so ziemlich alles“, erinnert er sich, das Urgestein des Eishockeys an der Spree, der von 1992 bis zu seinem Profikarriere-Ende 2012 nur das Eisbären-Trikot getragen hat und der von seinem damaligen Mitspieler Jeff Tomlinson wegen seiner Omnipräsenz den Spitznamen „Bürgermeister“ verpasst bekam.

 

Nun stehen die Eisbären wieder im Play-off-Finale, das erste Spiel gegen EHC Red Bull München verloren sie mit 3:4, aber Felski traut seinen Erben dennoch zu, den 2021 gewonnenen Titel zu verteidigen. Denn aus Sicht des 47-Jährigen besitzen die Eisbären alles, was ein Champion benötigt. Das fängt bei den Führungsspielern um Kapitän Frank Hördler und Stürmer Marcel Noebels an. Zu Felskis Zeit hießen die Stars neben ihm Steve Walker, Denis Pederson, Richie Regehr und Stefan Ustorf – als nach 2013 Säulen der Mannschaft wegbrachen, wurden aus den furchteinflößenden Eisbären liebliche weiße Teddys. „Man braucht welche, die vorangehen“, sagt Felski, „das benötigte Zeit, bis sich das Team nach den Erfolgen neu strukturiert hat.“

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Erst in der Saison 2016/2017 kompensierten die Berliner den Mangel an Führungsfiguren und Erfahrung. Stéphane Richer werkelte seit 2017 als Sportdirektor an oberster Front, baute hie und da um, setzte seinen Kumpel Serge Aubin auf den Trainerposten – wäre die Runde 2019/2020 nicht wegen Corona abgebrochen worden, vielleicht hätte es schon damals eine Titelparty gegeben. In der folgenden Saison hätten die Profis ihre Rolle längst gefunden und angenommen, meint Felski, die Charaktere ergänzten sich, und in Aubin sei der richtige Mann am richtigen Ort. Der kanadische Trainer fand mit einer Mischung aus Besonnenheit im Umgang und Akribie bei der Taktik den richtigen Ton und Spielansatz – der 47-Jährige sieht die Beziehung zwischen sich und der Mannschaft als „Partnerschaft“. Die DEL wählte Aubin kürzlich zum Trainer des Jahres 2022.

Es erinnert vieles an die gute, alte Zeit in Berlin. An die erfolgreiche Ära mit Sven Felski, als Coach Don Jackson von 2007 bis 2013 das Regiment am Berliner Ostbahnhof führte; der US-Amerikaner ist ebenfalls als cleverer Analytiker und empathischer Menschenführer bekannt. Nicht nur Kapitän Hördler, der seit 2003 im Eisbären-Dress steckt, erkannte diese Parallele. Ironie der Geschehnisse: Jackson steht mittlerweile bei Finalgegner München an der Bande, hat mit der deutschen Eishockey-Abteilung des milliardenschweren Getränkegiganten 2016, 2017 und 2018 den Titel eingesammelt, was aber letztlich nur belegt, dass beide Trainer wissen, worauf es im Geschäft ankommt.

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Nun stehen nicht nur die Bullen, sondern auch die Eisbären auf einem sicheren wirtschaftlichen Fundament. Sie gehören zur Anschutz-Gruppe, der auch die Los Angeles Kings aus der NHL gehören, und die für den Standort Berlin in der letzten Vor-Corona-Saison 2018/2019 laut Bilanz einen Fehlbetrag von 63,8 Millionen Euro ausgewiesen hat. Trotz Corona hat Anschutz die Berliner unterstützt, eine Mannschaft aufzubauen, die höchsten Ansprüchen gerecht wird. „Wir profitieren von der guten Beziehung zu den LA Kings“, betont Sportdirektor Richer.

Sven Felski glaubt, dass sein Club, bei dem er als Geschäftsführer Sport der Junioren arbeitet, „robuster und gefestigter ist als die Münchner, und wir deshalb den Titel gewinnen“. Dabei spielt es für den Ex-Nationalspieler keine Rolle, dass die drei letzten Play-off-Duelle gegen den EHC verloren wurden. „Ein Blick zurück im Eishockey bringt nichts“, sagt der Ur-Eisbär. Denn jede gute alte Zeit benötigt irgendwann eine Auffrischung in der Gegenwart.

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