Der Eishockey-Nationalspieler Dennis Seidenberg spricht über seinen Wechsel nach Mannheim und die damit verbundenen Umstellungen, den Stanley-Cup-Sieg 2011 und die Aussperrung in der NHL.

Stuttgart - Dennis Seidenberg ist neben Uwe Krupp erst der zweite deutsche Stanley-Cup-Gewinner. Nun ist er der erste deutsche Eishockey-Profi, der in den USA den Meistertitel geholt hat und in der DEL spielt. Der 31-Jährige aus Villingen-Schwenningen steht eigentlich bei Boston in der NHL unter Vertrag. Doch wegen des Arbeitskampfes zwischen Spielern und Clubbesitzern in den USA läuft er seit einem Monat für die Adler Mannheim auf.
Herr Seidenberg, hat sich Dirk Nowitzki schon bei Ihnen gemeldet?
Nein, ich erwarte auch nicht, dass er anruft und irgendetwas sagt. Die Sache ist längst vergessen. Das ist Vergangenheit.

Während des Stanley-Cup-Finales 2011 hatte er Ihrem deutschen Gegner Christian Ehrhoff eine Grußbotschaft geschickt und danach zugeben müssen, dass er Sie gar nicht kennt. Aber nun, als Stanley-Cup-Sieger, hat sich Ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sicher geändert.
Es ist auf jeden Fall anders als vorher. Das Interesse und das Medienaufkommen sind natürlich größer. Und das ist doch einfach schön für das deutsche Eishockey. So haben wir mehr Präsenz, um Werbung für uns zu machen.

Nun sind Sie der erste deutsche Stanley-Cup-Sieger, der in der DEL aufläuft. Müssen Sie sich von ihren Gegenspielern jetzt andere Sprüche anhören?
Bisher hat noch niemand etwas Blödes zu mir gesagt. Es macht Spaß, hier zu spielen. Aber im Vergleich zu meinem Start in der DEL merke ich schon Unterschiede. Damals war ich noch jung und musste mir meinen Respekt erst erarbeiten.

Mannheims Trainer Harold Kreis sagt, seit Sie da sind, wollen sich die Teamkollegen von ihrer besten Seite zeigen.
Das kann sein. Ich habe keinen Vergleich, wie Sie sich vorher verhalten und trainiert haben. Aber wenn ich diese Wirkung habe, dann ist es natürlich gut fürs Geschäft.

Wie lief Ihr erster Monat in Deutschland?
Am Anfang war es schon sehr hektisch. Außerdem waren meine Familie und meine Eltern hier – da war während der ersten zehn Tage viel Programm. Mittlerweile ist die Familie wieder zu Hause in Boston und mir ist an manchen Nachmittagen fast schon langweilig geworden. Ich bin es halt gewohnt, drei Kinder um mich herum zu haben. Nichtsdestotrotz ist es schön, Deutschland wieder genießen zu können.

Ist es Ihnen schwergefallen, sich wieder an die alte Heimat zu gewöhnen?
Es war etwas neues Altes. Nach zehn Jahren wieder für längere Zeit zu Hause zu sein, ist schon ein bisschen anders. Aber man fühlt sich schnell wieder wohl.

Was war für Sie die größte Umstellung?
Ich muss immer noch nach deutschen Wörtern suchen. Das ist echt komisch. Normalerweise habe ich nur ein bis zweimal am Tag Deutsch gesprochen. Meine Frau ist Amerikanerin. Besonders am Anfang habe ich mich sehr seltsam gefühlt, die ganze Zeit Deutsch zu reden. Es gab dann auch immer wieder Momente, in denen mir im Gespräch der Faden abgerissen ist. Das sagt man doch so auf Deutsch, oder?

Fast: der Faden ist gerissen, heißt es.
Ah gut. Ja, jetzt ist er wieder gerissen.

Warum sind Sie so lange nicht mehr in Deutschland gewesen?
Mir gefällt es drüben richtig gut. Das war während der ersten Jahre wahrscheinlich der Hauptgrund. 2008 ist dann meine erste Tochter auf die Welt gekommen. Mittlerweile sind es drei Kinder – jetzt sind sie der Grund. Aber eigentlich ist es mehr oder weniger Faulheit. Meine Eltern kommen immer rüber, mein Bruder besucht mich. Außerdem macht es mir einfach riesig Spaß, die Sommer dort am Meer zu verbringen.