Der Trainer des Eishockey-Zweitligisten Bietigheim Steelers setzt auf eine hungrige Mannschaft. Unter Kevin Gaudet wurden die Steelers zweimal Meister und Pokalsieger.

Bietigheim - Die Stoppuhr um den Hals, die silberne Trillerpfeife im Mund. Er steht auf dem Eis und beobachtet mit scharfem Blick, die Mittellinie bildet den Median seines Körpers: Von hier sieht er alles – obwohl es auf dem Spielfeld rasant abgeht, so dass man auch hinter der Plexiglasscheibe noch den Fahrtwind seiner Spieler spürt. Der, der da steht, verkörpert die Erfolgsgarantie des Eishockey-Zweitligisten SC Bietigheim-Bissingen wie kein anderer: Kevin Gaudet. Seit der Trainer vor vier Jahren an die Enz wechselte, gewannen die Steelers zweimal den Pokal, zweimal die Zweitligameisterschaft – und stehen schon wieder auf Platz zwei.

 

Kevin Gaudet, ein Mann mittlerer Größe mit Armen, die im T-Shirt einen unerwartet mächtigen Bizeps präsentieren. Seine Ansagen sind kurz und prägnant, mit Nachdruck schallen seine Worte durch die Egetrans-Arena, die Heimspiel- und Trainingsstätte der Steelers. Seine Spieler hören aufs Wort. „Ich gebe jedem meinen Respekt, deshalb erwarte ich das auch im Gegenzug“, sagt Kevin Gaudet bestimmt, und beschreibt damit auch gleichzeitig einen wichtigen Faktor für den lang anhaltenden Erfolg mit den Bietigheimern. Aber auch Tugenden wie Einsatzbereitschaft, Siegeswillen und Fitness sind es, die Kevin Gaudets Team so erfolgreich machen. Er selbst beschreibt das als „Biss“, den die Spieler unbedingt haben müssen.

Die Ehefrau ist der Fitnesscoach

Doch manchmal nutzt aller Biss nichts, wie bei der bitteren 1:8-Pleite beim ewigen Rivalen Bremerhaven am Dienstag. Eine Teilschuld hat der brutale Spielplan der DEL2 mit 52 Hauptrundenspielen, als „Pech“ beschreibt es der Trainer. Gleich zwei Mann verletzten sich nach harten Bodychecks der Gegner, eine Gehirnerschütterung und eine gebrochene Hand waren die eine Folge, müdere Spieler die andere. Dass die lange Saison nicht zu noch mehr Ausfällen führt, dafür sorgt Gaudets Ehefrau – die Steelers-Fitnesstrainerin Robin Niderost. „Sie arbeitet mit den Jungs auch abseits des Eises und sorgt dafür, dass sie topfit sind“, sagt Gaudet. Ob die harten Jungs auf eine Frau hören? „Sie hat mehr Muskeln als die meisten Spieler, natürlich hören sie auf sie“, sagt Gaudet und lacht.

Der diesjährige Erfolg der Steelers ist in Zahlen zwar gut aufzuzeigen, doch für den Kopf der Spieler unglaublich schwierig zu verarbeiten. Tabellenzweiter hinter Bremerhaven, der beste Angriff (174 Tore), die beste Verteidigung (108 Gegentore), 19 Punkte Vorsprung auf den Tabellendritten. Dazu hat der Club den Topscorer der Liga, Justin Kelly mit 28 Toren und 42 Vorlagen. Doch es bleibt immer dasselbe Dilemma: Ein Aufstieg wird erst von der Saison 2017/18 an eingeführt. „Es ist eine Kunst, eine Mannschaft nach einer Meisterschaft ohne folgenden Aufstieg zu motivieren, wir müssten eigentlich in der DEL spielen. Dass wir erneut so viel Erfolg haben, spricht für unseren Charakter“, sagt Gaudet, der durch seine angenehme, direkte Art sehr authentisch wirkt.

Beim Blick auf die Etats der Liga wird schnell klar, dass nicht das Geld der Faktor für den Erfolg ist, „wir befinden uns ligaweit zwischen dem dritten und dem fünften Platz“, sagt Gaudet. Aber der erfolgreiche Stamm, der über die Jahre aufgebaut wurde, der ist ein wichtiger Faktor.

2018 soll der Aufstieg her

Auf kurze Sicht gesehen muss der Stamm nun gesund bleiben, es stehen noch neun Spiele an, bis die Play-offs beginnen, für die die Steelers seit Langem qualifiziert sind. Vom Niveau spielen sie mit Bremerhaven sowieso in einer eigenen Liga. Nur beim Etat liegt der Konkurrent weit voraus. „Es gilt jetzt eine Balance zu finden, bei der wir die Spieler schonen und trotzdem den Rhythmus beibehalten“, so Gaudet.

Auf lange Sicht, wenn es endlich 2018 um den Aufstieg in die erste Liga (DEL) geht, müssen sich die Verantwortlichen bei den Bietigheimern etwas einfallen lassen. Der angesprochene Mannschaftsstamm ist bereits im gehobenen Eishockeyalter, gleich vier wichtige Akteure sind 35 Jahre und älter. „So lange ein Spieler die Fitness und den Biss hat, ist es sogar von Vorteil, wenn er alt ist. Denken sie an die Erfahrung“, sagt Kevin Gaudet dazu nur.

Um einen, der die 35 bereits seit Längerem überschritten hat, müssen sich die Steelers allerdings keine Gedanken machen. Gaudet bleibt bis der Aufstieg geschafft ist. „Das war von Anfang an der Plan. Es wäre ein Traum, wenn er im ersten Jahr in Erfüllung ginge. Bis das möglich ist, arbeiten wir hart weiter“, sagt er. In der harten Realität der DEL2 ohne Aufstieg.