Die Stadt hat am Sonntag ihren Geschichtspfad eingeweiht: 23 Stelen in der Innenstadt, die ein Fenster in die Historie der Kommune öffnen und viele unerwartete Einblicke bieten.

Eislingen - Dieses Gemeinschaftsprojekt muss dem Eislinger SPD-Fraktionschef Peter Ritz die Seele gewärmt haben. Jahrelang hat er sich über die Geschichtsvergessenheit der Eislinger geärgert, jetzt hat die Stadt gezeigt, dass sie ihre Historie durchaus zu schätzen weiß: Am Samstag haben die Stadtverwaltung, die Schulen, die katholische Kirchengemeinde und zahlreiche andere Teilnehmer vor dem Rathaus einen Geschichtspfad eingeweiht, der künftig mit 23 Stationen durch die Innenstadt führt.

 

Die Tour beginnt mit einer Überblickstafel vor dem Rathaus. Die 22 weiteren Stelen, führen den Betrachter in unterschiedlichste Epochen der Stadtgeschichte und zu ganz verschiedenen Themen. Mit dem Smartphone können an den Stelen QR-Codes eingelesen werden, die zu englischen Übersetzungen führen und teilweise auch zu Zusatzinformationen.

Die Stadt hatte einst eine eigene Sprache

Das Thema Manisch etwa ist eine Eislinger Besonderheit: eine Sprache, die in der Zeit von 1945 bis 1955 bei den Jugendlichen schick war und – im Gegensatz zur heutigen Jugendsprache – von Nicht-Eingeweihten nicht verstanden wurde. Der frühere Bürgermeister Günter Frank und der ehemalige Leiter des Göppinger Freihof-Gymnasiums, Helmut Dees, beherrschen das Manische noch und haben einen Dialog samt Übersetzung eingesprochen, der sich im Internet anhören lässt. Darin geht es – wie könnte es beim Thema Jugendsprache anders sein – um ein hübsches Mädchen, einen Widersacher und mangelnde finanzielle Möglichkeiten. Entstanden ist diese Sprache aus Begriffen der Hausierer und Bettler sowie dem Rotwelschen.

Auf den anderen Stelen geht es unter anderem um die Industrialisierung der Stadt, die Bedeutung der Eisenbahnstation, die Geschichte der Schlossbücherei, die Alamannen, die Römer, die Zeit des Mittelalters aber auch um die NS-Diktatur und die Zwangsarbeiter, die auf dem Friedhof in Eislingen-Süd bestattet wurden.

Entstanden ist der Pfad aus den Feierlichkeiten zum 1250-jährigen Bestehen der Stadt vor fünf Jahren. Damals war zunächst ein größeres Geschichtsprojekt angedacht gewesen, das aber an den Kosten und zu wenig Teilnehmern scheiterte. Danach plante man zunächst, Hinweistafeln an geschichtsträchtigen Orten anzubringen.

Viele Wege zu vielen Themen

Stattdessen fand sich ein Arbeitskreis zusammen, in dem sich neben Peter Ritz auch die Eislinger Karin Schuster, Lothar Weccard und Eckehard Wöller engagierten. Gemeinsam mit der Kulturamtsleiterin Marie-Luise Schäfer und dem Stadtarchivar Martin Mundorff entwickelten sie die rund 65 000 Euro teure Stelenstrecke, die sich nun zu den bereits bestehenden Eislinger Wegen gesellt: dem Poetenweg mit Gedichten, dem Saurierpfad entlang des Fossilienfundorts an der neuen B 10 und dem Obstlehrpfad an den Streuobstweisen bei Krummwälden zum Beispiel.

Das Interesse der Bürger an der Geschichte ihrer Stadt scheint groß zu sein. Das zumindest legt die große Zahl der Besucher nahe, die am Samstag zu der Eröffnung gekommen sind. Die Schulen haben bereits vor der Eröffnung das Ihre getan, um Kinder und Jugendliche für das Projekt zu interessieren. Schüler aller sieben Schulen hatten sich für die Eröffnung ein Thema des Geschichtspfades herausgepickt und nun vor dem Rathaus vorgestellt.