Beängstigend schneller Wandel

Nun hat der Klimawandel endgültig auch das Südpolgebiet erreicht. Lange haben sich Forscher und Politiker in dem Glauben gewiegt, dass es doch keinen allzu großen Unterschied macht, ob im Innern des riesigen Kontinents die jährlichen Durchschnittstemperaturen bei minus 55 oder „nur“ bei minus 45 Grad liegen. Und auch an den Rändern kletterte das Thermometer selten über die Null-Grad-Marke. Doch in Zeiten des Klimawandels wird es auch in der Kältekammer wärmer, und zwar rapide: Immer häufiger melden Forscher, dass es im Sommer am Rande der Antarktis regnet – ein noch vor 20 Jahren seltenes Phänomen. Und die Eisschmelze im Februar, also im arktischen Spätsommer, erreichte 2017 einen Negativrekord – der 2018 knapp verfehlt wurde.

Die jetzt im britischen Wissenschaftsmagazin „Nature“ veröffentlichten Studienergebnisse eines internationalen Forscherteams über die sich beschleunigende Eisschmelze in der Antarktis decken sich mit diesen Beobachtungen. Und sie reihen sich ein in die Erkenntnisse amerikanischer Wissenschaftler, die sie – trotz der Maulkorbpolitik der Regierung Trump – bereits im Februar im US-Fachblatt „Science“ publiziert haben: Demnach steigt der Meeresspiegel immer schneller an – und zwar vor allem wegen der Eisschmelze in Grönland und in der Antarktis. Ihr Fazit: Statt wie bisher angenommen um 30 Zentimeter könnte der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 selbst bei vorsichtiger Schätzung um mehr als 60 Zentimeter ansteigen. Das wäre für viele Küstenregionen der sichere Untergang, mahnen die Forscher, denn bei regional ungünstigen Bedingungen wie etwa in Südostasien könne der Anstieg noch deutlich stärker ausfallen.

Mitautor Veit Helm vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven betont jedoch, dass die statistische Unsicherheit für die Eismassenbilanz der riesigen Ostantarktis am größten ist. „Die gemessenen Höhenänderungen sind sehr gering, da können auch kleine Messfehler große Auswirkungen haben.“ Auch seien die jährlichen Schwankungen bei den Schneemengen enorm, so dass der Trend, dass auch die Ostantarktis an Eismasse verliert, noch nicht als gesichert gelten könne. Helm betont, dass eine langfristige kontinuierliche Fortsetzung der Beobachtungszeitreihen entscheidend ist, um die Veränderungen beim Eis zu beobachten und zu verstehen. Die erforderlichen Satellitenmissionen mit verschiedenen Sensoren müssen sich dabei nahtlos aneinanderreihen.

Irreversible Veränderungen

Die Zukunft der Antarktis hat auch Martin Siegert vom Imperial College London im Blick: „Einige der Veränderungen, mit denen die Antarktis konfrontiert ist, sind bereits irreversibel, wie der Verlust einiger Schelfeisgebiete, aber es gibt vieles, was wir verhindern oder rückgängig machen können“, sagt er. Gemeinsam mit Stephen Rintoul vom Centre for Southern Hemisphere Oceans Research in Hobart (Tasmanien, Australien) und weiteren Forschern hat er zwei mögliche Entwicklungen durchgespielt: Wie es mit der Antarktis in den kommenden 50 Jahren im besten und im schlimmsten Fall weitergehen wird. Die Studie ist ebenfalls in „Nature“ erschienen.

Wenn sich – im besten Fall – die Welt schon bald an strenge Klima- und Umweltschutzregeln halten würde, würde die Lufttemperatur in der Antarktis demnach bis 2070 um 0,9 Grad steigen. Wenn im schlimmsten Fall dagegen alles so weiterliefe wie bisher, wären es drei Grad. Im besten Fall würde der Beitrag der Antarktis zum Anstieg des Meeresspiegels sechs Zentimeter betragen, im schlimmsten Fall 27 Zentimeter. Das Ökosystem könnte weitgehend erhalten bleiben oder sich stark verändern. „Entscheidungen, die im nächsten Jahrzehnt getroffen werden, bestimmen, welche Entwicklung realisiert wird“, mahnen die Forscher.

Kommentar: Beängstigend schnell

Beängstigend schneller Wandel

Nun hat der Klimawandel endgültig auch das Südpolgebiet erreicht. Lange haben sich Forscher und Politiker in dem Glauben gewiegt, dass es doch keinen allzu großen Unterschied macht, ob im Innern des riesigen Kontinents die jährlichen Durchschnittstemperaturen bei minus 55 oder „nur“ bei minus 45 Grad liegen. Und auch an den Rändern kletterte das Thermometer selten über die Null-Grad-Marke. Doch in Zeiten des Klimawandels wird es auch in der Kältekammer wärmer, und zwar rapide: Immer häufiger melden Forscher, dass es im Sommer am Rande der Antarktis regnet – ein noch vor 20 Jahren seltenes Phänomen. Und die Eisschmelze im Februar, also im arktischen Spätsommer, erreichte 2017 einen Negativrekord – der 2018 knapp verfehlt wurde.

Die jetzt im britischen Wissenschaftsmagazin „Nature“ veröffentlichten Studienergebnisse eines internationalen Forscherteams über die sich beschleunigende Eisschmelze in der Antarktis decken sich mit diesen Beobachtungen. Und sie reihen sich ein in die Erkenntnisse amerikanischer Wissenschaftler, die sie – trotz der Maulkorbpolitik der Regierung Trump – bereits im Februar im US-Fachblatt „Science“ publiziert haben: Demnach steigt der Meeresspiegel immer schneller an – und zwar vor allem wegen der Eisschmelze in Grönland und in der Antarktis. Ihr Fazit: Statt wie bisher angenommen um 30 Zentimeter könnte der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 selbst bei vorsichtiger Schätzung um mehr als 60 Zentimeter ansteigen. Das wäre für viele Küstenregionen der sichere Untergang, mahnen die Forscher, denn bei regional ungünstigen Bedingungen wie etwa in Südostasien könne der Anstieg noch deutlich stärker ausfallen.

Auch in „Nature“ warnen die Wissenschaftler nun in ungewohnter Deutlichkeit vor den Folgen des rapiden Eisschwunds in der Antarktis. Noch gibt es die Hoffnung, dass der Trend zur schnelleren Eisschmelze dort nur kurzfristig sein könnte. Doch die Anzeichen mehren sich, dass die Folgen des Klimawandels noch viel massiver sind, als sich weltweit viele Menschen – und auch Politiker – vorstellen können. Noch mehr Motivation zum schnellen Handeln kann es eigentlich kaum geben.

Klaus Zintz