Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)
Hadern Sie noch mit dem Konsumrausch und dem Weihnachtsrummel?
Wer den Sinn des Festes nur noch im Kommerz sieht, geht natürlich in die Irre, aber in der Regel geht es doch darum, anderen eine Freude zu bereiten. Das ist etwas Wunderbares. Wir sollten diese Freude nicht kulturkritisch schlecht machen.
An normalen Sonntagen gehen nur rund vier Prozent der evangelischen Christen in die Kirche. Lässt sich das ändern?
Leider wird der Wert des Gottesdienstes häufig unterschätzt. Er bietet eine Chance, zur Ruhe zu kommen, dankbar zu werden, Abstand zu gewinnen. Es ist auch eine tolle Erfahrung, sich durch eine Predigt etwas sagen zu lassen und im Fürbittgebet für andere da zu sein. Ich lade dazu ein, sich dieses Erlebnis nicht entgehen zu lassen.
Sie haben keine Methode zur Steigerung der Besucherzahlen genannt.
Es gibt ja viele Projekte, mehr Menschen zu interessieren – etwa durch Jugendgottesdienste, und die wirken auch. Die Klage über zu leere Kirchen ist aber schon Jahrhunderte alt. Deshalb müssen wir nicht in Katastrophenstimmung verfallen. An den Sonntagen erleben mehr Leute in den Kirchen oder an den Radio- und Fernsehgeräten Gottesdienste, als am Samstag in den Stadien der Fußballbundesliga sind. Heilig Abend besuchen rund 8,5 Millionen Menschen in Deutschland evangelische Gottesdienste.
Wie wollen Sie den Reformprozess der EKD fortsetzen?
Der Reformprozess hat wichtige Ergebnisse gebracht, jetzt muss aber eine geistliche Erneuerung im Zentrum stehen. Wir brauchen nicht vorrangig neue Strukturpapiere. Wir sollten uns darauf konzentrieren, die wunderbare Kraft der christlichen Botschaft stärker zur Geltung zu bringen.
Welcher Weg führt dahin?
Das kann man nicht von oben organisieren. Wir müssen die geistliche Dimension in allen Bereichen unserer Arbeit stärken.