Bevorstehende Klausuren können Studierende ins Wanken bringen. Ein Experte weiß, wie man stabil durch Prüfungen gelangen kann.

Stuttgart - Volker Kreß weiß, wo Studenten der Schuh drückt. Der Heidelberger Studierendenberater hört sich beruflich Klagen und Beschwerden der angehenden Akademiker an. Darunter sind auch Ängste vor Prüfungen, wie sie hinter dem massenhaften Prüfungsabbruch an der Uni Hohenheim stecken könnten.

 
Nehmen Ängste der Studenten wegen Prüfungen zu?
Allgemein sind leichte Ängste und das sogenannte Lampenfieber direkt vor Prüfungen normale Reaktionen, die auch leistungssteigernd sein können. Von Prüfungsangst im Sinne einer klinischen bedeutsamen Belastung sprechen wir, wenn die Ängste so stark sind, dass sie sich negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Solche Symptome gehören tatsächlich zu den häufigsten Beratungsgründen Studierender. Jedes Jahr kommen mehr Studierende unter anderem wegen Prüfungsängsten zur Beratung. Die Sensibilität gegenüber diesem Thema hat unter den Studierenden zugenommen. Sie suchen sich früher Hilfe und psychische Belastungen können offener thematisiert werden als noch vor 20 Jahren.

Lesen Sie hier: Ein Prüfungsabbrecher packt aus.

Frage: Wer ist besonders betroffen - Männer, Frauen, Studenten aus naturwissenschaftlichen Fächern oder Geisteswissenschaften?
Da gibt es keine Geschlechter- oder Fächerunterschiede.
Welche Ursachen sehen Sie für Prüfungsangst?
Es gibt mehrere. So können negative Erfahrungen mit vergangenen Prüfungen oder allgemein Versagenssituationen Ursache sein. Auf psychischer Ebene ist jede Prüfung auch eine Reifeprüfung. Man wird bewertet und kann scheitern - im Erfolgsfalle aber auch voranschreiten, was bei manchen Studierenden unbewusste Ängste vor Ablösung auslösen kann.
Was kann man gegen Prüfungsangst tun?
Es gibt gute Behandlungsansätze: Zunächst ist eine gute fachliche Vorbereitung das beste Mittel, um Zuversicht und Sicherheit zu vermitteln. Dafür ist der Aufbau einer guten Tagesstruktur sowie von positiven Ritualen sehr wichtig. Auch die Arbeit in Lerngruppen kann sehr hilfreich sein, da man sich gegenseitig ermutigen kann. Empfehlenswert ist ebenfalls, Prüfungen im Vorfeld zu trainieren. Bei der Lerndauer allgemein gilt nicht immer der Spruch „viel hilft viel“. Pausen sind wichtig, und die persönliche optimale Lerndauer sollte nicht überschritten werden, da dann kein Nutzen mehr vorliegt.

Volker Kreß (35) ist Diplom-Psychologe sowie Psychotherapeut in Ausbildung. Als Mitarbeiter der Psychosozialen Beratung für Studierende des Studierendenwerks Heidelberg kennt er sich mit den Gefühlslagen der jungen Menschen gut aus. Der vierfache Familienvater hat Arbeiten zur psychischen Belastungen Studierender veröffentlicht. Im Nebenberuf ist er Kirchenmusiker und spielt Orgel.