Eigentlich lief es ganz gut für Thomas Strobl, doch kurz vor der Wahl des Ministerpräsidenten wird sein guter Lauf durch einige Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion jäh gebremst. Strobl wirkt kalt erwischt, dabei hätte er ahnen müssen, dass sich etwas zusammenbraut, schreibt Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - So hatte sich Thomas Strobl seinen Wechsel von der Bundes- auf die Landesbühne wohl nicht vorgestellt. Seit der verlorenen Landtagswahl lief alles erstaunlich glatt für den CDU-Landeschef. Nach anfänglichen Mühen konnte er denn glücklosen Spitzenkandidaten Guido Wolf problemlos auf die Seite schieben und selbst wieder das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Doch kurz vor dem Ziel – der Wahl des Ministerpräsidenten an diesem Donnerstag – wird Strobls guter Lauf jäh gebremst.

 

Scheinbar aus heiterem Himmel erteilte die Landtags-Fraktion ihm einen massiven Denkzettel. Fast ein Drittel der Abgeordneten stimmten bei einer Probeabstimmung für die Wahl Kretschmanns mit Nein oder enthielten sich – das ist ein beispielloser Eklat. Kaum gemildert wird er dadurch, dass es beim zweiten Versuch deutlich weniger Abweichler waren. Strobl wurde offenbar kalt erwischt und zeigte erstmals Nerven. Sein erboster Abgang aus der Sitzung, verbunden mit der vagen Drohung, unter solchen Umständen „nicht zur Verfügung“ zu stehen, wirkt jedenfalls nicht souverän.

Der CDU droht eine fatale Frontstellung

Dabei hätte der CDU-Landeschef eigentlich ahnen müssen, dass sich in der Landtags-Truppe etwas zusammenbraut. Nur zwei Mitglieder der alten Fraktion sollen im neuen Kabinett zu Ministerehren kommen – das ist für viele Abgeordnete, die sich durch Erfahrung und Kompetenz ebenfalls für geeignet hielten, eine schwere Demütigung. Dass mit der neuen Wirtschaftsministerin eine Jung-Abgeordnete zum Zuge kommt, macht die Sache aus Sicht der Übergangenen nicht besser. Jahrelanges Engagement wird nicht belohnt, man kann auch mühelos von der Seite einsteigen – so wird die Blitzbeförderung teilweise bewertet.

Natürlich ist da viel Neid im Spiel, aber auch Abgeordnete sind nur Menschen. Bei dem Warnschuss dürfte es erst einmal bleiben; es wäre politisches Harakiri, die Wahl des Ministerpräsidenten ernsthaft zu gefährden. Aber Thomas Strobl sollte die ihm erteilte Lektion überaus ernst nehmen: Er muss auf die Fraktion offenkundig mehr Rücksicht nehmen, als er bisher glaubte. Sonst droht der CDU in den nächsten Jahren eine fatale Frontstellung zwischen der Landespartei und der Landtagsriege.