Videospiele sind längst nicht mehr nur etwas für Nerds: Etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung spielt an PC, Konsole oder Smartphone. Jens Kosche von Electronic Arts glaubt, dass der Markt noch deutlich wachsen kann.

Köln - Hunderttausende besuchen jedes Jahr die Messe Gamescom, um neue Videospiele vor dem Verkaufsstart auszuprobieren. Zu den größten Herstellern zählt Electronic Arts (EA). Das Unternehmen ist unter anderem für die Fußball-Spiele der Fifa-Reihe verantwortlich. EA-Deutschlandchef Jens Kosche erläutert im Interview, wie sich die Branche weiterentwickeln wird.

 

Herr Kosche, was haben Sie zuletzt gespielt?

Zuletzt habe ich Battlefield 1 gespielt.

Aber jetzt ist doch Battlefield 5 aktuell?

Ja, genau. Aber das haben wir noch nicht bei uns im Büro. Da kennen wir bisher nur die Beta-Version und die hat uns angefixt, wieder Battlefield 1 zu spielen. Wir spielen aber auch gerne Fifa.

Sind die Fortsetzungen wie die Fifa- und Battlefield-Reihe das Kerngeschäft von EA geworden oder kommen noch komplett neue Serien?

Die Titel, die wir regelmäßig rausbringen, sind sicherlich das Grundgerüst, aber wir bringen ja auch zum Beispiel Anthem heraus – da sieht man schon, dass es uns ganz wichtig ist, auch neue Spiele auf den Markt zu bringen.

Wohin geht der der Trend in der Gamingbranche?

Zum einen ist E-Sports ein Riesenthema, zu dem alle Publisher etwas entwickeln werden, zum anderen ist das Smartphone ein großes Entwicklungsthema, da man für jede Kulturgruppe passend Mobile-Spiele hat.

Die Videospielbranche hat 2017 in Deutschland mehr als drei Milliarden Euro umgesetzt. Ist damit schon die Grenze des Wachstums erreicht?

In Deutschland spielt ungefähr die Hälfte der Bevölkerung, das heißt es gibt noch sehr viel Wachstumspotenzial.

Bei der Software gehen die Umsätze allerdings zurück. Dafür steigt ein anderer Bereich, die Mikrotransaktionen, ganz erheblich an. Warum gibt es in Vollpreisspielen von EA kostenpflichtige Zusatzinhalte – wie zum Beispiel in Star Wars Battle-front 2?

Mit den Vollpreistiteln bieten wir ein komplettes Entertainmentangebot an. Es gibt aber Konsumenten, die noch ein bisschen mehr haben wollen. Es ist ja nicht so, dass sich das Spiel dadurch verändern würde, wenn sie sich was dazukaufen. Sondern in der Regel geht es, und gerade bei uns in Zukunft, nur noch darum, dass sich Figuren kosmetisch verändern. Das heißt, die Spielmechanik wird nicht verändert.

Wenn man sich allerdings Spielmodi wie Ultimate Team bei Fifa (FUT) anguckt, dann ist die Chance schon größer, gute Fußballer zu bekommen, wenn man dafür Geld investiert. Dieses „Pay to win“-Prinzip wird häufig kritisiert. Was sagen Sie dazu?

Der Einfluss, den ein gutes FUT-Team hat, wird nie so groß sein, dass ein schlechte Gamer gegen einen technisch besseren gewinnen wird. Das heißt, der Faktor, den ein gutes Team ausmacht, ist nicht so groß.

Wegen dieser Mikrotransaktionen gab es im Internet riesigen Ärger. Will sich EA das noch mal antun oder hat man daraus Lehren gezogen und etwas verändert?

Ohne diesen Fall aufzurollen, der von vielen Missverständnissen geprägt ist, gibt es hier ein klares Statement. Wir haben gelernt, dass wir die Spieler früher in den Entwicklungsprozess einbeziehen müssen, um genau auszutesten, was die Spieler am Ende haben wollen. Wir sind ein Unternehmen, in dem der Spieler im Zentrum unserer Bemühungen steht und wenn wir etwas produzieren, was er nicht haben will, dann ist das auch nicht gut für uns.

Deutschland ist der fünftgrößte Markt für die Videospielindustrie, allerdings kommen nur fünf Prozent der PC- und Konsolenspiele aus Deutschland. Warum ist das so?

Wir glauben, dass die Standortpolitik in anderen Ländern besser ist. Die allermeisten Spiele kommen aus Ländern wie Kanada. Das Land hat vor zwanzig Jahren angefangen, den Spielebereich zu fördern, weil sie erkannt haben, dass es eine Zukunftsindustrie ist. Wir glauben, dass, wenn wir das in Deutschland einführen würden, auch die Umsätze durch Spiele aus Deutschland steigern würden.

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag ja festgeschrieben, dass sie die Branche stärker fördern will. Bislang ist davon also noch nichts zu sehen?

Es ist bislang schon gefördert worden, nur auf einem sehr kleinen Niveau. Der Vorschlag vom Verband Game ist ja, die Förderung deutlich größer zu machen, um eben gleiche Verhältnisse zu haben wie in anderen Ländern. Wir können nur hoffen, dass wir von den Politikern, die die Gamescom besuchen, ähnliches hören werden.

Wie verteilen sich die Spieler denn zwischen PC, Konsole und Smartphone?

Das ist von Land zu Land unterschiedlich. Der größte Teil aber, schätzungsweise 60 Prozent, spielt auf der Konsole. Dann folgt das Smartphone und nur rund zehn Prozent macht der PC aus. Mobile-Gaming ist der Markt, der am stärksten wächst. In China, dem bevölkerungsreichsten Land der Welt, sind in diesem Jahr Konsolen überhaupt erst eingeführt worden. Wenn die Leute dort spielen, dann auf dem Smartphone.

Sie haben gesagt, dass die Hälfte der Deutschen Videospiele spielt. Wie verteilt sich das vom Alter her?

Man will das kaum glauben, aber der Durchschnittsgamer in Deutschland ist 37 Jahre und die größte Spielergruppe ist über 50 Jahre alt. Wir sind mitten in der Bevölkerung angekommen und dass die jüngere Zielgruppe nachwächst ist offensichtlich, wenn man sich die vielen Kinder hier auf der Messe anguckt.

Früher Süßes, heute Shooter

Person
Jens Kosche ist seit 2014 Geschäftsführer von Electronic Arts Deutschland, Schweiz und Österreich. Seit 2003 arbeitet der Bremer für das Unternehmen.

Verband Der 49-Jährige ist seit Jahresbeginn auch Mitglied im Vorstand des Spitzverbandes der deutsche Videospielindustrie Game. Zuvor arbeitete Kosche unter anderem beim Süßwarenhersteller Milka.