Bodenschätze sind mehr als nur Öl und Erze. In der italienischen Erde sind auch kostbare Zeugnisse der Vergangenheit zu finden. Bei der „Woche der Erde“ werden sie in den Blick genommen.

Rom - Heiß ist der Sommertag im mittleren Italien. Eine Herde Elefanten kriegt Durst. Also hinab zum Fluss. Doch die Ufer sind sumpfig, das mächtige Leittier, an die vierzig Jahre alt, drei Meter fünfzig hoch und neuneinhalb Tonnen schwer, sinkt ein bis zum Bauch und kommt nicht wieder hoch. Als der Bulle nach langem Kampf verendet ist, stürzen sich andere Wesen auf ihn: ein alter Wolf, der fürs Jagen lebendiger Beute keine Kraft mehr hat, und eine Horde von Zweibeinern. Fachkundig zerlegen sie das Tier zu tragbaren Fleischmassen. Hunderte von Werkzeugen lassen sie achtlos liegen. Auch Kinder beteiligen sich am Schlachtfest; ein Milchzahn bleibt auf der Strecke.

 

So hat sich das abgespielt vor 320 000 Jahren, dort, wo heute Rom in die Äcker seiner westlichen Campagna ausfranst. Die Metzger gehörten zur Gattung Homo heidelbergensis. Mit scharfkantigen Feuersteinen von weit her hatten sie am Rand der Sümpfe auf Beute gelauert. Heute ist alles trocken, und nachdem die Bauern der Gemarkung La Polledrara mit ihren Pflügen immer wieder an seltsam geformten Steinen oder vermeintlichen Steinen hängen geblieben waren, haben Ausgrabungen seit 30 Jahren   Italiens größtes prähistorisches Knochenfeld „Polledrara di Cecanibbio“ zu Tage gefördert.

Da liegen nicht nur drei beinahe vollständig erhaltene Elefantenskelette (mit den Spuren menschlicher Metzgerei und mit Stoßzähnen von fast vier Metern Länge), da ruhen Wasserbüffel und Nashörner, Ur-Rinder mit ihren Riesenhörnern, Wildschweine, Wasservögel, Wildkatzen, ein ehemaliger Berberaffe, Nagetiere, Reptilien – 20 000 Knochen insgesamt, plus der erwähnte Milchzahn. Ein Laufsteg führt über das gut tausend Quadratmeter weite Gelände. An den Wänden des zum Wetterschutz darüber gebauten Hangars übersetzen großflächige Gemälde das Gefundene in anschauliche Bilder für den Homo sapiens von heute.

Der Boden steckt voller Geheimnisse

Die Führungen durch den „Elefantenfriedhof” gehören zur Initiative „Woche der Erde”. Mit zahlreichen Veranstaltungen sensibilisieren italienische Universitäten und Geo-Wissenschaftler mit wachsendem Anklang nun schon im dritten Jahr ihre Landsleute für etwas, dem sie sonst keine Aufmerksamkeit widmen: für den Boden, auf dem Italien lebt.

Der steckt nicht nur voller Geheimnisse, sondern ist auch gefährdet: Vier Fünftel der italienischen Gemeinden – also umgerechnet 5,8 Millionen Personen – sind nach amtlichen Angaben von Erdrutschen oder Hochwasser bedroht, weil Hänge nicht gesichert, an falscher Stelle mit allzu viel Beton versiegelt und ohne Rücksicht auf Verluste gerodet worden sind.

Die jetzt zu Ende gehende „Woche der Erde” sieht sich Umweltsauereien genauso an wie die Schönheiten, die im Boden schlummern und die kaum einer kennt. Silvio Seno, Professor an der Uni Pavia, der mit seinem Kollegen Rodolfo Coccioni aus Urbino die „settimana terra” erfunden hat, will vor allem Jugendliche begeistern.   Ein solches Festival der Geowissenschaften gebe es sonst nirgendwo, von ein paar Schweizer Ansätzen abgesehen, sagt Seno am Rand des Elefantenfriedhofs: „Ich betrachte es als meine Art und Weise, dem Land etwas Gutes zu tun.“