Stuttgart und die Region verlieren knapp ein Drittel der Fläche, in der die elektrische Mietflotte genutzt werden kann. Wer sein Mietauto in den vier beteiligten Städten außerhalb Stuttgarts abstellt, muss mehr bezahlen.

Stuttgart - Insgesamt 550 elektrische betriebene Mietautos, 500 davon E-Smarts, zählt die Flotte des Carsharing-Anbieters Car2go in Stuttgart. Die Daimler-Tochter betreibt damit in der Region das weltweit größte Angebot an elektrisch angetriebenen Mietautos. Aber auch die große Zahl an Autos reicht im Citybereich von Stuttgart oft nicht, die Nachfrage nach den leisen Flitzern zu befriedigen. Laut Thomas Beermann liegt das aber nicht daran, dass man zu wenig Autos in der Region am Start habe, „das Angebot an Autos ist leider nicht optimal verteilt“, sagt der Geschäftsführer von Car2go Europa. Die E-Smarts, die im Kernbereich der City fehlen, stünden oft stundenlang ungenutzt weit draußen an den Rändern der Stadt oder in den Außenbereichen der zum Car2go-Gebiet gehörenden Satelliten Esslingen, Sindelfingen, Böblingen und Gerlingen. Und das liege daran, dass weit entfernt von den Zentren nur sehr schwer Anschlussmieter zu finden seien.

 

Car2go, Stella-Roller und Call a Bike – eine Übersicht über mietbare E-Fahrzeuge in Stuttgart gibt es hier.

Stehen ist allerdings bei einem Geschäftsmodell reines Gift, das darauf basiert, dass man so viele Vermietungen am Tag wie möglich erreicht. Und es kostet zusätzlich Geld, wenn Car2go-Mitarbeiter verwaiste Autos zum Beispiel am Esslinger Jägerhaus, am Ortsrand von Maichingen oder an der Waldebene Ost abholen müssen. Zudem vergraule zu wenig Angebot in den Zentren auch Mietwillige, die zwar umweltfreundlich fahren wollen, deren Schmerzgrenze für eine Reservierung aber bei 300 Meter Fußweg liegt, wie Car2go behauptet.

Mietbereich schrumpft um ein Drittel

Als Lösung hat man sich deshalb dazu entschieden, die Flotte stärker auf das Kerngebiet zu konzentrieren. Diese soll erreicht werden, indem man das Geschäftsgebiet, in dem man Autos anmieten und abstellen kann, von derzeit 153 auf nur noch 101 Quadratkilometer reduziert. Damit hat die Region zwar immer noch eines der größten Gebiete von Car2go überhaupt, und fahren kann man weiter auch außerhalb der Zonen. Vom 2. November an aber ist der Mietbereich rund ein Drittel kleiner als bisher. Davon seien gut 30 Quadratkilometer Wald, wo sich sowieso kaum einmal ein E-Smart auf einem Wanderparkplatz verirrt habe. Allein Stuttgart verliert durch die Änderung 9,1 Quadratkilometer im bewohnten Gebiet an den Rändern, in Esslingen sind es 5,6 Quadratkilometer, in Sindelfingen 3,2, in Böblingen vier und in Gerlingen 0,1 Quadratkilometer. Zudem muss der Kunde, der in einer der vier Städte außerhalb Stuttgarts seine Fahrt beendet, künftig 1,90 Euro mehr bezahlen („Drop-off-Fee“), die man für die Finanzierung der Rückführung einsetzen wird. Am Ende soll das eingedampfte Gebietsangebot dazu führen, dass im Kernbereich mehr Angebot entsteht. „Stuttgart hat europaweit die fünftstärkste Nachfrage nach unseren Fahrzeugen, liegt in der Nutzung aber nur auf Rang zehn“, sagt der Chef der Business Intelligence von Car2go, Christian Mathissen. Dies wolle man zusammenführen. Am Ende gebe es nur Gewinner. Die Nutzer in der Kernzone bekämen mehr Angebot, die Umwelt werde durch mehr E-Fahrten entlastet. Und Car2go sei wirtschaftlich erfolgreicher, wenn die Autos öfter bewegt werden.

Kritik am „Strafzoll“

Ganz so begeistert sieht man das bei den betroffenen Städten indes nicht. Wobei sich Stuttgart zu dem Thema keine Meinung erlaubt. „Diese unternehmerische Entscheidung kommentieren wir als Stadt nicht“, ist die dürre Reaktion aus dem Rathaus. Böblingens OB Wolfgang Lützner (CDU) hatte dagegen „eher mit einer Gebietsausweitung gerechnet“. Er bedauert, dass das Gebwerbegebiet Hulb nicht im Gebiet liegt, was aus seiner Sicht die Entwicklung in Böblingen gehemmt habe. Auch sein Sindelfinger Amtskollege Bernd Vöhringer (CDU) hätte lieber eine Vergrößerung statt der Reduktion, sagt aber auch: „Dennoch sind wir froh, dass Car2go erhalten bleibt.“ In Esslingen hofft man darauf, dass die Zäsur nicht endgültig ist. „Nach dem vielversprechenden Start von Car2go in Esslingen 2014 bleibt zu hoffen, dass mittelfristig ein erneuter Ausbau realisiert werden kann“, erklärt die Stadtverwaltung. Auch in Gerlingen hat man Verständnis für das Unternehmen. Lediglich der „Strafzoll“ von 1,90 Euro für das Abstellen des Autos stößt dort auf Kritik. „Das bedauert die Stadt sehr“, erklärt Martin Prager, der Leiter des Baurechtsamts.

Am Montag wird Car2go seine Kunden über das verkleinerte Gebiet informieren, von 2. November an ist es dann Realität.