Der Maschinenbauer Grohmann muss die Anlagen liefern, auf die BMW, Mercedes & Co. warten. Geschäftsführung und Betriebsrat verhandeln über Arbeitsbedingungen. Konzernchef Elon Musks Parole „Tesla First“ sorgt für Kopfschütteln.

Stuttgart - Bei dem Maschinenbauer Grohmann in Prüm/Eifel, der vor Kurzem von dem amerikanischen Elektroauto-Pionier Tesla übernommen wurde, verhandeln Geschäftsführung und Betriebsrat gegenwärtig über etwa ein Dutzend Betriebsvereinbarungen. Dabei geht es um Fragen der Entgeltstruktur ebenso wie um den Softwareeinsatz und die Personalrekrutierung; die Entgelthöhe ist nicht Gegenstand der Verhandlungen. Seit die Verhandlungen laufen, herrscht gespannte Ruhe bei dem Spezialmaschinenhersteller, der mit den Großen der Autoindustrie im Geschäft ist.

 

Die IG Metall versucht bereits seit einigen Jahren, einen Tarifvertrag bei dem Unternehmen durchzusetzen, das bis zum Tesla-Einstieg im Besitz des zwischenzeitlich ausgeschiedenen Gründers Klaus Grohmann war. Vor sechs Jahren wurde eine Kampagne zur Gewinnung von Mitgliedern gestartet, um Forderungen durchsetzen zu können. Die Gewerkschaft kritisiert, dass das Lohnniveau bei Grohmann um etwa 25 Prozent unter dem Niveau vergleichbarer Unternehmen liegt. Der 1963 gegründete Hersteller von Spezialmaschinen für die Montage in der Automobilproduktion hat etwa 700 Beschäftigte und erwirtschaftet 120 Millionen Euro Umsatz (2015).

Zumindest für das laufende Jahr ist die Lücke weitgehend geschlossen

Die neuen Eigentümer mit Tesla-Chef Elon Musk an der Spitze haben Verbesserungen angekündigt – und auch gleich Taten folgen lassen. So erhalten die Mitarbeiter des Unternehmens, das jetzt Tesla Grohmann Automation heißt, 150 Euro im Monat mehr. Zudem soll jeder Beschäftigte Tesla-Aktien im Wert von 10 000 Dollar erhalten, die vierteljährlich über die nächsten vier Jahre gutgeschrieben werden. Hinzu kommt noch ein sofortiger Bonus von 1000 Euro. Und schließlich hat Musk den Mitarbeitern in einem Brief eine Beschäftigungsgarantie für die nächsten fünf Jahre gegeben.

Christian Schmitz, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Trier, räumt ein, dass die Forderungen der IG Metall damit zumindest bezogen auf das laufende Jahre finanziell weitgehend erfüllt sind. Auch die Beschäftigungsgarantie, so sagt er, habe einen hohen Stellenwert. Das ist für ihn aber kein Ersatz für einen Tarifvertrag, da es sich um freiwillige Leistungen des Arbeitgebers handelt, die jederzeit zurückgenommen werden können.

Mitte des Jahres soll die Produktion beginnen

„Im Augenblick sind wir in einer Patt-Situation“, sagt Schmitz. „Wir warten ab, wie die Verhandlungen auf betrieblicher Ebene ausgehen, dann werden wir das Ergebnis den Beschäftigten vorlegen.“ Dann muss die Belegschaft entscheiden, ob sie sich mit dem Status Quo zufrieden gibt oder für verbindliche Regeln kämpfen will. Da die IG Metall seit längerem für eine bessere Bezahlung bei Grohmann kämpft, sieht Schmitz durch den Einstieg von Tesla keine grundsätzlich neue Situation gegeben; nur ein neues Argument ist hinzugekommen. Die IG Metall will verhindern, dass Tesla zum ersten Autokonzern ohne Tarifbindung wird – vorausgesetzt, die Belegschaft in der Eifel zieht mit.

Zum Massenhersteller werden will der E-Auto-Pionier durch das neue Fahrzeug Model 3, das bereits hunderttausendfach vorbestellt wurde. Das Auto soll nur 35 000 Dollar kosten. Nach den bisherigen Angaben beginnt Tesla bereits Mitte des Jahres mit der Herstellung; die Auslieferung soll ab Mitte 2018 erfolgen.

Ein Insider spricht von der Parole „Tesla First“

Die Amerikaner stehen unter einem großen Termindruck, Verzögerungen sollen auf jeden Fall vermieden werden. Eine Konsequenz daraus ist, dass sich Grohmann entgegen den ersten Ankündigungen zumindest vorübergehend vollständig auf den Tesla-Bedarf konzentrieren soll. Das hat der Mittelständler seinen anderen Kunden, zu denen Mercedes-Benz, Volkswagen, BMW und Bosch gehören, zwar mitgeteilt, ist dort aber nicht auf Verständnis gestoßen; die Kunden bestehen darauf, dass die Verträge eingehalten werden.

So braucht BMW nach Angaben eines Sprechers eine Maschine für den Einbau von Dichtungen für Schiebedächer in seinem Werk Spartanburg/USA ebenso wie in Dingolfing eine Anlage, auf der Batteriezellen zu Batteriemodulen montiert werden. Daimler äußert sich zum Thema Grohmann nur insoweit, als die Stuttgarter nach den Angaben einer Sprecherin davon ausgehen, dass Verträge eingehalten werden. Offenbar ist Grohmann Lieferant für die Batteriefabrik von Daimler in Kamenz/Sachsen. Bosch hüllt sich in Schweigen. In der Branche sorgt das Verhalten der US- Mutter für Kopfschütteln. Ein Insider spricht in Analogie zur US-Politik von der Parole „Tesla First“, mit der das Unternehmen Gefahr laufe, Partner zu verlieren, weil Daimler, BMW & Co. nun alternative Lieferanten fördern würden. Dauerhaft wird Grohmann nach Ansicht des Autoexperten Drittkunden brauchen, da die Fertigung, so sagt er, nicht durch den konzerneigenen Bedarf auszulasten ist.

Gute Mitarbeiter springen schnell ab

Tesla wollte die Belegschaft von Grohmann nach früheren Angaben von Musk innerhalb von zwei Jahren um 1000 Mitarbeiter aufbauen. Voraussetzung dafür, dass hochqualifizierte Mitarbeiter angeworben werden können ist üblicherweise neben guten Gehältern eine interessante Aufgabe und ein gutes Betriebsklima. Beides sieht der Brancheninsider gegenwärtig bei Tesla gefährdet. Seine Prognose: Sollte Grohmann versuchen, Auslastungsprobleme durch die Arbeit an einfachen und anspruchslosen Aufträgen zu überbrücken, dann werden die guten Leute abspringen. Für alarmierend hält er auch die Angaben im Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu. Der Tenor: die Aufgaben bei Grohmann seien interessant, aber das Verhalten von Vorgesetzten, die Kommunikation und das Betriebsklima eher schlecht.