Bisher ist der Ansturm auf staatliche Prämien für den Kauf von Elektroautos ausgeblieben. Renault-Deutschland-Chef Uwe Hochgeschurtz glaube jedoch fest an den Erfolg des Förderprogramms.

Stuttgart - Der große Ansturm auf die Anschubhilfe für Elektroautos in Deutschland ist bisher ausgeblieben. Von Juli bis Ende Oktober wurden nur 5782 Prämien für batterieelektrische Autos, Plug-in-Hybride und Wagen mit Brennstoffzelle beantragt. Der Fördertopf, der bis 2019 ausgeschöpft werden kann, reicht für bis zu 400 000 Autos. Uwe Hochgeschurtz, der Chef der Renault Deutschland AG, weist indes darauf hin, dass durch das Förderprogramm viel in Bewegung gekommen sei. Das Interesse der Kunden sei groß, die Bestellungen nähmen zu, das Elektroauto sei jedoch beratungsintensiv, sagt der Deutschland-Statthalter des französischen Autokonzerns.

 
Herr Hochgeschurtz, das im Sommer gestartete deutsche Förderprogramm für Elektroautos kommt bisher nicht in Schwung. Ist das Programm ein Flop?
Das sehe ich nicht so. Das Förderprogramm ist richtig, obwohl der Erfolg bisher etwas bescheiden ist. Wir wissen aber, dass es derzeit viele Bundesbürger gibt, die erwägen, ein Elektroauto zu kaufen.
Und warum zögern sie?
Die Kunden sind vorsichtig. Sie wägen sehr stark ab. Wir sehen in den Autohäusern, dass viele Besucher kommen und einen großen Informationsbedarf haben. Das Elektroauto ist beratungsintensiv, denn es ist eine ganz neue Form der Automobilität.
Also rechnen Sie damit, dass das Förderprogramm mit der Zeit besser in Fahrt kommen wird?
Auf jeden Fall. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Förderanträge auf mittlere Sicht anziehen werden. Wir sehen heute bei Renault, dass die Bestellungen von Elektroautos zunehmen.
Rechnen Sie dann damit, dass der Fördertopf bis Mitte 2019, wenn das Programm auslaufen wird, ausgeschöpft wird? Das Geld reicht ja für bis zu 400 000 Autos.
Darüber will ich jetzt nicht spekulieren.
Ökonomen sagen, dass das Förderprogramm vor allem Mitnahmeeffekte auslöst. Dass also Autokäufer die Prämie kassieren, die ohnehin ein Elektroauto kaufen wollten.
Mitnahmeeffekte gibt es in jedem Förderprogramm, das ist völlig normal. Ich schätze aber, dass sie in diesem Fall relativ gering sind. Das Programm wirkt als Anschubhilfe für die Elektromobilität. Darüber hinaus hat die Förderung über das Geld hinaus auch einen symbolischen Charakter. Der Staat zeigt damit, dass die Anschaffung eines Elektroautos eine gute Sache ist. Es ist quasi eine Art Kaufberatung. Das finde ich noch viel wichtiger.
Welche Rolle spielt denn die Höhe des finanziellen Anreizes? Renault packt ja noch 1000 Euro drauf, so dass die Käufer insgesamt einen Bonus von 5000 Euro erhalten können. Ist die staatliche Prämie in Deutschland zu mager? Andere Länder sind hier ja deutlich großzügiger.
Wir haben von Anfang an gesagt, dass der Ausbau der Elektromobilität eines unserer strategischen Ziele ist. Deshalb wollten wir auch einen preislichen Anreiz setzen.
Es gibt Kritiker, die sagen, dass Elektroautos in Deutschland trotz Prämie generell immer noch zu teuer sind.
Für andere Autohersteller kann ich nicht sprechen. Der Renault Zoe ist nach Abzug von 5000 Euro Prämie bereits für 17 100 Euro zu haben, zuzüglich der Batteriemiete ab 59 Euro. Das ist ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das viele Kunden überzeugt. Renault ist nicht ohne Grund die Nummer eins bei Elektroautos in Deutschland und Europa.
Welche Unterschiede gibt es zwischen gewerblichen und privaten Käufern?
In Deutschland verteilt sich der Absatz etwa jeweils zur Hälfte auf gewerbliche und private Kunden. Die gewerblichen Kunden zeigen ein großes Interesse, weil sie auch einige steuerliche Vorteile sehen. Je nach Einsatz kann es ebenso Kostenvorteile gegenüber Autos mit Verbrennungsmotor geben. Die privaten Kunden sehen dagegen in erster Linie den ökologischen Zusammenhang. Sie wollen etwas für die Umwelt tun, sauber und mit ruhigem Gewissen Auto fahren.
Als Hürde für den Durchbruch der Elektromobilität gilt neben dem Preis die zu geringe Reichweite. Da ist einiges in Bewegung gekommen. Sie bieten den Zoe jetzt auch mit 400 Kilometer Reichweite nach dem europäischen Fahrzyklus NEFZ an, was im Alltagsbetrieb etwa 300 Kilometer sein dürften. Tesla dagegen liegt mit rund 600 Kilometer nach NEFZ immer noch an der Spitze. Wie schätzen Sie das ein?
Ich glaube, dass die Diskussion über die Reichweite an Bedeutung verlieren wird. Eine Reichweite, die alle brauchen, wird es nie geben. In der Zukunft wird es eher darum gehen, für die individuellen Mobilitätsbedürfnisse die richtige Batterie auszuwählen. Denn eine größere Batterie ist auch teurer. Für manchen Kunden reichen 240 Kilometer, andere benötigen 400, einige vielleicht sogar 600 Kilometer. Wie beim Handyvertrag gilt es, das passende Angebot auszuwählen.
Die Bundesregierung will mit dem Förderprogramm auch 15 000 zusätzliche Ladesäulen schaffen, davon 5000 Schnellladesäulen. Manche Experten kritisieren, das sei viel zu wenig. Da hätte man deutlich mehr investieren sollen, weil dies der entscheidende Punkt sei, um den Absatz in Schwung zu bringen.
Kritisieren ist immer einfach. Ich finde es gut und richtig, dass es ein Anschubprogramm gibt, mit dem der Bau von Ladesäulen unterstützt wird. Denn wenn es mehr Ladesäulen gibt, kaufen auch mehr Kunden Elektroautos und wenn es mehr Elektroautos gibt, werden auch die Anbieter von Ladesäulen mehr investieren.
Wer sollte Ihrer Meinung nach den Aufbau von Ladesäulen bezahlen? Manche Experten sagen, das zählt zur Infrastruktur und ist eigentlich eine öffentliche Aufgabe.
Die Ladesäulen zählen zwar zur Infrastruktur, nach meiner Auffassung müssten jedoch private Investoren dies übernehmen, die darin ein Geschäftsmodell sehen.
Es gibt jedoch Zweifel, ob die Ladestationen sich lohnen, wenn viele Besitzer von Elektroautos ihre Wagen zuhause laden und die öffentlichen Ladesäulen im Stadtgebiet in erster Linie der psychologischen Beruhigung dienen und den Fahrern die Angst vorm Liegenbleiben nehmen.
Das halte ich für übertrieben. Ladesäulen mögen auch der Beruhigung dienen. Es muss aber auch Lademöglichkeiten für Autofahrer geben, die nicht zuhause laden können. Wenn das Elektroauto eine viel größere Rolle in den Städten spielen wird, wovon wir alle ausgehen, dann braucht man auch öffentliche Ladestationen.
Es wird auch kritisiert, dass die Ladesäulen noch viel zu kompliziert seien, etwa wenn man in eine andere Stadt fährt und für die Abrechnung wissen muss, von wem der Strom kommt und welche Tarife es gibt.
Das sehe ich nicht so. Ich kann mich an keine Beschwerde eines Kunden über Probleme mit Ladesäulen erinnern. Die Kunden, die ein Elektroauto kaufen, sind sehr gut informiert. Sie wissen, wie es funktioniert, wie man es auflädt, und sie kennen auch das Ladenetz besser als Kunden, die einen Wagen mit Verbrennungsmotor fahren, das Tankstellennetz kennen. Zudem gibt es in letzter Zeit eine Menge Anstrengungen, damit mehrere Netze mit einer Karte genutzt werden können. Wir bieten beispielsweise unseren Kunden eine zusammen mit Bosch entwickelte App an, mit deren Hilfe bundesweit an 4000 Ladepunkten bargeldlos die Batterie aufgeladen werden kann.