Alle Welt redet vom Umstieg auf Elektromobilität, die Eheleute Alber aus Plattenhardt haben den Schritt gewagt. Für sie läuft die Umstellung allerdings nicht ganz reibungslos.

Plattenhardt - Die Albers machen sich Gedanken um die Umwelt. Auf dem Balkon und im Garten wachsen Kräuter und Gemüsesorten, Energie kommt von einer thermischen Solaranlage, seit April fährt das Paar aus Plattenhardt zudem ein Elektroauto. Die Reichweite des Renault Zoe liege bei 180 Kilometern, „aber wir bewegen uns zu 99 Prozent auf Kurzstrecken“, stellt Kirsten Alber (56) klar. Das funktioniere in Filderstadt problemlos. In Bernhausen etwa könne man an mehreren Geschäften während des Einkaufs kostenlos Strom tanken, auch sonst sei die Stadt „ganz gut aufgestellt“, berichtet ihr 66-jähriger Mann. Kommunale Ladestationen gibt es am Fildorado, am Bahnhof oder an der Filharmonie, und „der Gemeinderat hat neue zusätzliche beschlossen“, erklärt Erhard Alber.

 

Der Umstieg wird einem schwer gemacht

Alles bestens also? Nicht ganz. Die E-Neulinge berichten auch von Tücken, mit denen sie sich seit dem Umstieg herumschlagen. Los gehe das beim Bezahlvorgang. Die Ladekarte, die die Albers besitzen, funktioniere nicht an allen Stationen, und wer dann auf das Handy angewiesen sei, um per App eine Säule ausfindig zu machen und den Stromkauf abzuwickeln, aber absolut kein Internet empfange, sei aufgeschmissen. Genau das sei ihnen jüngst passiert. „Jeder Zigarettenautomat funktioniert mit EC-Karte“, sagt Erhard Alber genervt. Auch beim sogenannten Umweltbonus steht er im Bürokratie-Stau. Die Prämie kann man beim Neukauf eines E-Autos vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle beantragen, und dem Paar liegt auch längst ein Zuwendungsbescheid vor, „das Geld haben wir aber noch lange nicht“. Laufend würden Unterlagen nachgefordert, mit der Online-Eingabe kommt Erhard Alber nicht zurecht. „Ich bin Otto Normalverbraucher. Es wird einem unendlich schwer gemacht“, sagt er achselzuckend.

Die Albers finden die Situation unbefriedigend und unübersichtlich. Als ehemaliger Gemeinderat und aktives Mitglied des CDU-Kreisvorstands ist Erhard Alber politisch gut vernetzt, merkt aber auch hier, dass Infos fehlen. „Es ist viel Unwissenheit da“, stellt er klar, und das reiche bis in den Bundestag. „Wenn ich etwas fördern will, muss ich schauen, dass es funktioniert“, resümiert er.

Bei all den Problemen: Den Schritt bereuen die Albers nicht

Mit ihrer Kritik sind die Albers nicht allein. Bereits im März hatte Bernd Osterloh, der Betriebsratschef bei VW, betont: „Der Kunde wäre bereit für das Elektroauto, wenn die Infrastruktur zum Laden vorhanden wäre. Da geschieht aber viel zu wenig.“ Im Vorfeld der diesjährigen Internationalen Automobilausstellung (IAA), die dieser Tage in Frankfurt stattfindet, haben Experten von einer fehlenden Strategie für E-Mobilität gesprochen, und auch die Mitglieder des Vereins Electrify-BW erkennen noch Mängel. Aber: „In den letzten Jahren ist es deutlich besser geworden“, stellt Jana Höffner, die stellvertretende Vorsitzende, klar. 80 Prozent der Autobahnraststätten hätten Schnellladestationen, und gerade im Südwesten seien E-Fahrer in puncto Ladeinfrastruktur „sehr beglückt“. Zudem hat dieser Tage das Verkehrsministerium des Landes bekannt gegeben, den flächendeckenden Aufbau weiter zu unterstützen. Erstmals hätten auch Unternehmen die Möglichkeit, Förderung für Ladesäulen zu beantragen.

Electrify-BW berät E-Fahrer und -Interessierte an jedem ersten Montag im Monat ab 17 Uhr bei einem offenen Stammtisch in der Mäulesmühle in Leinfelden-Echterdingen. Dort sollen Hemmungen abgebaut werden. Jana Höffner ist zuversichtlich: „Die meisten fuchsen sich rein. Das ist keine Raketenwissenschaft.“ Auch Erhard Alber wird nicht lockerlassen. „Ich bereue es nicht“, sagt er über seinen Autokauf, „aber es hat Ecken und Kanten“.