Autohersteller und ihre Zulieferer träumen auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas von den Möglichkeiten autonom fahrender Autos. In der Realität scheitern die Fahrzeuge bisher aber an viel banaleren Problemen.

Las Vegas - Ein Supercomputer mit der Leistungsfähigkeit von 150 Laptops und in der Größe einer kleinen Vesperbox ist eine der grundlegenden Innovationen zum Thema autonomes Fahren, die auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas präsentiert wurden. Der Computer der im Silicon Valley basierten US-Technologiefirma Nvidia beschleunigt mit Hilfe enormer Rechenkapazität die komplexen Lernvorgänge um ein Vielfaches, die nötig sind, damit fahrerlose Autos ihre Umgebung präzise einschätzen können. Was ein Auto am Straßenrand ist und was nicht – diese scheinbar banale Unterscheidung müssen Computer erst mühsam lernen.

 

„Wofür man früher ein Jahr gebraucht hat, das schafft man jetzt in einer Woche“, sagte der Firmenchef Jen-Hsun Huang bei der Präsentation. Das in Las Vegas gezeigte Vorführvideo von Nvidia zeigte übrigens eine Straßenszene an der Stuttgarter Bolzstraße in der Nähe des Schlossplatzes. Damit wurde demonstriert, wie gut inzwischen ein Computer auch in komplexen Situationen zwischen Fußgängern, Autos und anderen Hindernissen unterscheiden kann. Der Autohersteller Daimler ist nämlich ebenso wie Audi in Deutschland ein enger Kooperationspartner von Nvidia.

Wie wichtig der Bereich künstliche Intelligenz geworden ist, demonstrierte auch der japanische Autohersteller Toyota, der auf der CES ankündigte, eine Milliarde Dollar in ein entsprechendes Forschungsinstitut investieren zu wollen, das an die Eliteunis Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Stanford angedockt ist. Dafür seien einige der renommiertesten Forscher aus dem Bereich künstliche Intelligenz gewonnen worden, so der japanische Autohersteller. Auch Google hat seinen Roboterchef an Toyota verloren.

Entertainmentangebote für entlastete Fahrer

Die deutschen Autohersteller Daimler und BMW präsentierten in Las Vegas hingegen Zukunftskonzepte für das Autocockpit der Zukunft, wo der von Routineaufgaben entlastete Fahrer zunehmend mehr Raum für Entertainment und die Nutzung des Internets bekommt. Daimler präsentierte unter dem Slogan „Es dreht sich alles um mich“ innovative Displays und die Möglichkeit zum reibungslosen Andocken des Smartphones. Die US-Autohersteller Ford und General Motors stellten hingegen das automatisierte Fahren nur als einen Baustein einer viel umfassenderen Mobilitätsrevolution dar.

Auch Toyota kündigte an, dass die Entwicklung von mobilen Heimrobotern ein Tätigkeitsfeld werden könnte. Der Ford-Chef Mark Fields sparte sich bei seiner Präsentation moderner Mobilität das Thema autonomes Fahren lediglich für die Schlussminuten seines Vortrags auf – und überging alle Gerüchte über eine engere Kooperation mit Google auf diesem Feld. Er redete lieber über Dutzende von Versuchsprojekten, die das Thema Mobilität neu definieren sollen. Dazu gehört beispielsweise ein Vorhaben in London, das es Privatleuten erlauben soll, nach Wunsch ihre Autos an andere zu verleihen.

„Wir wollen nicht nur eine Auto-, sondern eine Mobilitätsfirma werden. Und das wird sich in diesem Jahr ziemlich dramatisch verändern“, sagte Fields. General Motors hatte schon vor Messebeginn angekündigt, dass man sich mit einer halben Milliarde Dollar an dem Taxidienstleister und Uber-Konkurrenten Lyft beteiligen will.

Bosch sieht sich prädestiniert, Haus und Auto zu vernetzen

Beide US-Autokonzerne begründen diese Schritte damit, dass in der jüngeren Generation unter anderem auch in den USA, der Kauf von Autos immer weiter hinausgeschoben wird oder Stadtbewohner vermehrt ganz auf ein eigenes Fahrzeug verzichten. Das autonome Fahren ist in diesen Konzepten ein Baustein, der innovative Mobilitätsangebote möglich macht – etwa Flotten von Roboterautos, die flexibel wie ein Taxi zu buchen sind.

Der Bosch Chef Volkmar Denner betonte in Las Vegas die Zwischenschritte, die notwendig sind, bevor Autofahrer am Steuer wirklich arbeitslos werden. Er präsentierte etwa einen neuartigen Bildschirm, der Berührungssignale übermittelt: „Wenn sie darauf etwas einschalten, fühlt es sich so an, als ob sie einen Knopf drücken.“ Der Fahrer muss so bei der Bedienung nur mit den Fingern fühlen und kann weiter auf die Straße schauen. Denner sagte für 2018 sich selbstständig einparkende Fahrzeuge voraus und für 2020 Systeme, die auf Autobahnen einen weitgehend autonomen Fahrbetrieb ermöglichen.

Wie sehr die Informationstechnologie unterschiedliche Lebensbereiche zusammenwachsen lässt, zeigte auch die von Bosch propagierte Kombination von smartem Haus und vernetztem Auto. Vom Fahrzeug aus lässt sich dann auf der Heimfahrt der Backofen einschalten oder die Heizung einstellen, während man von der Wohnzimmercouch aus die Tankfüllung des Autos in der Garage kontrollieren kann. Bosch sieht sich als Hersteller, der in beiden Bereichen mit Produkten präsent ist, für diesen Brückenschlag prädestiniert. Doch auch Ford-Chef Fields hatte kurz zuvor in Las Vegas angekündigt, dass man mit Amazon kooperiere, um dessen sprachgesteuertes Lautsprechersystem für das smarte Heim mit dem Auto zu vernetzen.

Warum autonome Autos noch klüger werden müssen

Hürden
Gill Pratt, der Leiter des neuen Toyota–Forschungsinstituts, das sich mit Fragen der künstlichen Intelligenz beschäftigen soll, sieht noch große Hürden auf dem Weg zum vollautonomen Fahren. Bisher hätten Roboterfahrzeuge ihre Fähigkeiten nur in relativ einfachen Verkehrssituationen bewiesen, sagte er auf der CES in Las Vegas. Wirklich hilfreich sei ein autonomes Fahrzeug aber erst, wenn es genau den Situationen gewachsen sei, die den Menschen überfordern.

Lernmethode
Bordcomputer müssen die Lernfähigkeit des menschlichen Gehirns nachahmen. Dies schließt beispielsweise die Möglichkeit ein, mit Analogien zu arbeiten. Selbst die triviale Frage, ob ein am Straßenrand stehender Gegenstand nun ein Auto oder ein anderes Objekt ist, erfordert eine komplexe Analyse. Maschinelle Verfahren, welche die Verschaltung der Neuronen im Gehirn imitieren, sind aber noch jung.