Florins neuester Südtirolkrimi heißt „Commissario Pavarotti kam nie nach Rom“ und handelt von einem dunklen Kapitel der Geschichte dieses so schönen Landstrichs: Der Flucht der Nazis nach dem verlorenen Krieg. Gelungen, findet der Killer&Co-Rezensent Lukas Jenkner.
Stuttgart - Es ist ein dunkles Kapitel der Südtiroler Geschichte, die aber wohl eher eine Folge der geografisch exponierten Lage als alpine Transitregion war als der politischen Haltung der Südtiroler. Als mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges offensichtlich wurde, dass eine Nazivergangenheit in der nächsten Zeit Gesundheit und Freiheit eher abträglich sein würde, etablierte sich eine Fluchtroute über die Alpen, auf der einstige Nazis versuchten, zu entkommen.
Die Liste berüchtigter Nazis, denen es gelang, sich über Südtirol abzusetzen, weist viele bekannte Namen auf: Adolf Eichmann nahm dort seinen Decknamen Ricardo Klement an, weitere waren Klaus Barbie, Erich Priebke und Franz Stangl. Mit tatkräftiger Hilfe der katholischen Kirche und des dortigen Roten Kreuzes wurden zahlreiche, einstige NS-Schergen mit neuen Papieren ausgestattet und entkamen ihrem wohlverdienten Schicksal.
Doppelmord in einem Meraner Hotel für Gutbetuchte
Denn wohlgemerkt: Einzelne Festnahmeerfolge wie die von Adolf Eichmann dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass sich auf der sogenannten „Rattenlinie“ über Jahre zahlreiche NS-Funktionäre und -Täter abgesetzt haben. Vor diesem historischen Hintergrund entfaltet Elisabeth Florin ihren vierten Südtirolkrimi mit dem melancholisch-dissozialen Commissario Luciano Pavarotti als Chefermittler.
Los geht es mit einem Doppelmord. In einem schicken Meraner Hotel für Gutbetuchte wird ein Ehepaar erschossen. Die Recherchen führen Pavarotti in die Frankfurter Verlagsszene, wo die ermordete Ehefrau gelebt und als Schriftstellerin gearbeitet hat. Der Meraner Polizist trifft auch seine große Liebe Lissie von Spiegel wieder.
Neurosen, Marotten und Leidenschaften
Doch das Verhältnis bleibt wie schon zuvor dysfunktional, was kaum verwunderlich ist, schließlich hat Pavarotti der Frau einst versehentlich einen Kopfschuss verpasst, in dessen Folge Lissie einen Teil ihres Gedächtnisses und mit ihm auch ihr früheres Leben verlor. Seither ist es, wie es im schönsten Socialmedia-Jargon heißt, kompliziert. Für die Ermittlungen, die bald tief in die schmutzige Geschichte des Nachkriegsmerans führen, raufen sich die beiden und mit ihnen Pavarottis Assistent Ispettore Emmenegger aber doch noch zusammen.
Das alles schildert Elisabeth Florin gekonnt flott und mit Sympathie für ihre Figuren, die es einem nicht immer leicht machen mit ihren Neurosen, Marotten und Leidenschaften.
Elisabeth Florin: Commissario Pavarotti kam nie nach Rom. Kriminalroman. Emons Verlag Köln 2018. Broschur, 320 Seiten, 12,90 Euro.