Das ESG heißt jetzt Elisabeth-Selbert-Gymnasium. Die neuen Namenstafeln sind enthüllt. Aber wie wird die Namensänderung den Schülern im Unterricht vermittelt?

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Bernhausen - Wer ist für euch ein Vorbild, und warum?“ Die Frage stellen die beiden Lehrer Simon Schäfer und Stephan Frieß den Fünftklässlern, die aufmerksam vor ihnen sitzen. Sofort werden Mäppchen geöffnet und Stifte gezückt. „Lionel Messi, weil er ein guter Fußballer ist!“ – „Mama, weil sie mir immer hilft, und Papa, weil er mich überall hinfährt!“ – „Alexander Gerst, weil er ein Astronaut ist!“ – „Manuel Neuer, weil er nicht nur ein guter Torwart ist, sondern auch viel an arme Kinder spendet.“

 

Gemeinsam wird besprochen, was Vorbilder ausmacht, und wer sich als Vorbild und Namensgeber für eine Schule eignet. So wird im Unterricht den Schülern vermittelt, warum das ESG einen neuen Namen bekommen hat und nun Elisabeth-Selbert-Gymnasium heißt.

Was sind Ausschlußkriterien für gute Vorbilder?

Als die Fünftklässler eigene Vorschläge für einen Schulnamen machen sollen, kommen viele Ideen: Til-Schweiger-Gymnasium, oder Justin-Bieber-Gymnasium, oder Marie-Curie-Gymnasium. Ein Junge schlägt vor: „Herr-Schäfer-Gymnasium, weil er unser Lehrer ist und weil er nett ist!“ Simon Schäfer lacht und sagt: „Besser wird mein Tag nicht mehr.“

An diesem besonderen Tag, der offiziellen Umbenennung des ESG, sind alle 110 Lehrkräfte an der Schule, unterrichtet wird in Zweierteams. Eine Arbeitsgruppe hat vorbereitet, wie das Thema für die verschiedenen Altersgruppen behandelt wird. „Wir wollen besprechen, wie sich Elisabeth Selbert für andere eingesetzt hat, und wie man sich für das eigene Umfeld einsetzen kann“, erklärt Simon Schäfer.

In der Oberstufe wird das Thema anders aufgegriffen: Mit den Pädagogen Matthias Janke und Jonathan Hack sprechen die Schüler über die Kriterien, die einen guten Namensgeber ausmachen. Sie kommen schnell überein: Die Menschen sind nicht ausschließlich gut oder böse, es gibt viel dazwischen. „Aber was disqualifiziert als Namensgeber?“, fragt Matthias Janke in die Runde, und die Schüler nennen Antisemitismus und Rassismus. Anschließend besprechen sie Aussagen von Eduard Spranger und ordnen sie kritisch ein: Sprangers Pädagogiktheorien waren lange Zeit prägend für die Lehrerausbildung. Heute ist er wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus umstritten, auch Schulen in Gelsenkirchen, Mannheim und Frankfurt, die seinen Namen trugen, haben sich bereits umbenannt.

Der Abschluss eines anderthalbjährigen Prozesses

Die Unterrichtsvermittlung und die Enthüllung der neuen Namenstafeln an der Schule sind für das ESG der Abschluss eines anderthalbjährigen Prozesses. „Wir wollten keinen Staatsakt abends machen, sondern den offiziellen Teil klein halten und den Fokus auf die Schulgemeinschaft legen“, sagt Schulleiterin Ursula Bauer. So sprechen Oberbürgermeister Christoph Traub, Vertreter von Elternbeirat und Schülermitverwaltung, „aber die Reden bleiben kurz“, sagt Bauer. In ihrem Wortbeitrag geht sie vor allem darauf ein, warum Elisabeth Selbert, eine der Mütter der Grundgesetzes, so gut zur Schule passt: „Sie steht für Demokratie, Menschenrechte, für das Grundgesetz, für Gleichberechtigung, für die Bedeutung von Bildung für alle, und dies alles passt zu uns.“ Wegweiser in Filderstadt tragen bereits den neuen Namen, auch sonst steht der neue Name nun überall. Nur eine neue Facebookseite wird wohl nötig sein: Die Anträge auf Namensänderung haben hier bisher nicht gefruchtet.