Charles Taylor lebt seit 45 Jahren in Stuttgart. Aus Schottland kam er einst her, um als Friseur zu arbeiten. Dieses Wochenende ist er als Fremdenführer gefragt.
Er hat einen guten Überblick. Trotz seiner stolzen 73 Jahre arbeitet Charles Taylor immer noch regelmäßig im Friseursalon Mod’s Hair beim Hauptbahnhof. Dieser Tage hat er es sich zur Gewohnheit gemacht, vor dem Laden zu stehen und mit den Landsleuten zu plaudern, die vorbeigehen. Wenn sie denn aus dem Bahnhof herausgefunden haben, kommen viele bei ihm vorbei.
Als Friseur nach Stuttgart
Leicht erkennbar an ihren traditionellen blauen Trikots. Und, Klischee, Klischee, an den Schottenröcken. Taylor spricht sie an, gibt Tipps, wo man essen und trinken gehen kann. „Und die sind erstaunt, dass es hier einen schottischen Friseur gibt“, sagt Taylor und lacht. Sein Beruf hat ihn auch vor 45 Jahren nach Stuttgart geführt. In einem Fachmagazin hatte er eine Anzeige gelesen, nach einer Scheidung hielt ihn nicht viel in Schottland. Und weil er im Urlaub auf Mallorca eine junge Deutsche kennengelernt und sich geärgert hatte, dass er kein Deutsch verstand, dachte er sich: „Warum nicht Stuttgart?“ Er flog her, arbeitete als Friseur, und Hand aufs Herz, bei welchem Job lernt man Deutsch besser? Zum Haare schneiden bucht man die Unterhaltung dazu.
Ab in die Menge
Am Samstag will er in die Innenstadt, eintauchen in die Menge der früheren und jetzigen Landsleute. „Das macht total Spaß, die Stadt ist voll mit Menschen aus ganz Europa.“ Und am Sonntag das Spiel seiner Schotten gegen die Ungarn bei Freunden anschauen. Mit einem Sieg rechnet er nicht: „1:1!“ Damit wären die Schotten höchstwahrscheinlich raus. Aber gut, so sagt er denn, und offenbart damit, dass noch ganz viel Schotte in seiner schwäbischen Seele steckt: „Hauptsache die Engländer gewinnen nicht!“