Mit ihrem Hüpfsong erobern die niederländischen Fans bei dieser Fußball-EM die Herzen. Nach dem 1:2 im Halbfinale gegen England ist Schluss damit. Jubel hingegen bei den englischen Fans in der Fanzone auf dem Stuttgarter Schlossplatz.
„Naar links! Naar rechts! Döpdödö!“ – die inoffizielle Hymne der Niederlande ist der Ohrwurm und Gute-Laune-Hit dieser EM schlechthin. Klar, dass der Hüpfsong auch am Mittwochabend in der Fanzone auf dem Stuttgarter Schlossplatz nicht fehlen darf, als dort das Halbfinale zwischen Oranje und England übertragen wird. Vor Anpfiff hüpfen mehrere Fans in orangenen Trikots erst nach links, nach rechts – und später ab ins Finale gegen Spanien? Nichts da, kurz vor Schlusspfiff schlagen die Engländer eiskalt zu und werfen die Niederlande aus dem Turnier.
Deutsch-englische Familie aus Vaihingen fiebert auf dem Schlossplatz mit
Auch Mostafa ist am Mittwoch in der Fanzone. Der gebürtige Niederländer verfolgt mit mehreren Freunden der Nederlandse Vereniging in Stuttgart e.V. das Spiel. 2:0 tippt er vor Spielbeginn – und liegt damit nach sieben Minuten voll auf Kurs: Xavi bringt die Niederlande in Führung. Lange hält die Freude aber nicht, denn wenig später gleicht Harry Kane per Strafstoß für die Engländer aus (18.).
Jubel darüber bei Familie Newcomb aus Vaihingen: Vater Paul, Mutter Andrea und Sohn Lenny fiebern am Mittwochabend mit den Three Lions mit. Er Engländer, sie Deutsche, der Sohnemann „beides“. „Jetzt hat er die zweite Wahl“, sagt Papa Paul in Richtung Lenny, der bisher die deutsche Mannschaft unterstützt hat. Dabei kann er sich das leicht hämische Lachen über das Ausscheiden der Deutschen gegen Spanien nicht verkneifen. „Ich bin meinem Mann zuliebe immer für England“, sagt Andrea. Am anderen Ende der Welt, in Neuseeland haben sich die beiden 1989 kennengelernt, als Backpacker waren sie unterwegs, verliebten sich ineinander – und ein Jahr später zog Paul von der Insel nach Deutschland. „Er hat Deutsch studiert“, erzählt Andrea. Das hat die Kommunikation von Anfang an erleichtert.
„Links, rechts“-Hüpfsong bringt Niederländer Sympathiepunkte in Deutschland
Das Wetter am Mittwochabend muss den Engländer an seine Heimat erinnern: Ab und an nieselt es ein wenig, einige sind mit Regenschirmen gekommen. „So wie wir bisher bei der EM gespielt haben, wird das heute nicht in 90 Minuten entschieden“, ist sich Paul sicher – und lange sieht es danach aus, als sollte er recht behalten. Doch dann gelingt dem Team von Trainer Gareth Southgate tatsächlich noch der Lucky Punch. Also „Sweet Caroline“ statt „Links, rechts“: England gegen Spanien im EM-Finale.
Mostafa und seine Freunde verbinden mit dieser EM in Deutschland dennoch viel Positives. Die Sympathie, die ihm und anderen Niederländern während des Fußballturniers entgegen gebracht wird, sei „unglaublich“, sagt er. Das sei nicht immer so gewesen: „Ich lebe jetzt seit 16 Jahren hier, nie wurde Holland geliebt, es hieß eher immer ‚ohne Holland fahr’n wir zur EM’“, erzählt er. 2024 aber hat sich was verändert. Woran das liegt? „Das ist nur links, rechts“, sagt Mostafa. Was so ein Hüpfsong alles bewirken kann.