EM 2024 – Stuttgarts spezielle Fußballorte Der schönste Sportplatz der Stadt

Blick von ganz oben aus den Weinbergen auf das Vereinsgelände des TSV Uhlbach. In unserer Bildergalerie finden sich weitere Motive. Foto: Baumann

Die ganze Stadt ein Stadion – so lautet das Stuttgarter Motto zur EM 2024. Aber: Welche Orte machen den Fußball in Stuttgart wirklich aus? Wir stellen besondere vor. Folge 5: Das Maracana von Uhlbach.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Die Anfahrt verläuft bergig und eng. Vorbei an Besenwirtschaften und Weinbaubetrieben schlängelt sich der schmale Weg durch Weinberge hindurch, bis die Großstadt irgendwann zu Ende ist.

 

Willkommen beim TSV Uhlbach.

Hier liegt er, der wohl schönste Sportplatz der Stadt. In klassischer Kessellage, umgeben von Weinbergen, die Riesling, Chardonnay und Weißburgunder hervorbringen und als wunderbare Kulisse genauso wie als Naturtribünen dienen. Der große Sportjournalist Hans Blickensdörfer adelte die Anlage bereits 1977, als er schrieb: „Wie ein riesiges Amphitheater steigen die Weinberge neben dem kleinen Sportplatz auf und böten den Zuschauern so viel Platz und Sicht wie das Maracana von Rio.“

Das „Maracana von Uhlbach“ war geboren. Als schwäbisches Ebenbild zu der zwischen den grünen Hügeln von Rio de Janeiro gelegenen Kultstätte des Weltfußballs. Zumindest in dem kleinen Stuttgarter Stadtteil ist das Uhlbach-Maracana bis heute ein Begriff.

„Unser Sportplatz ist der Treffpunkt im Ort“, sagt Thomas Ziegler, Erster Vorsitzender des TSV Uhlbach. Hier trifft sich Groß und Klein, kommen Kind und Kegel zusammen. Gemessen an der Einwohnerzahl ist jeder Zweite im Ort Mitglied. 1411 Mitglieder zählt der Turn- und Sportverein aktuell – Tendenz steigend. Zur Besonderheit zählt auch, dass der Kunstrasenplatz rund um die Uhr allen zur Verfügung steht. Auch Nicht-Mitgliedern. Und dass reichlich davon Gebrauch gemacht wird.

Schwäbisches Ebenbild zur Kultstätte des Weltfußballs

Die besondere Beziehung der Uhlbacher zu ihrem Plätzle hat historische Gründe. Als 1949 in dem von Turner gegründeten Verein die Fußballabteilung aus der Taufe gehoben wurde, war ein eigener Platz Wunschtraum. Die topografische Lage zwischen Hängen und Reben machte es nicht möglich. Jahrelang mussten die Fußball-Pioniere aus Uhlbach ausweichen, nach Rüdern, Obertürkheim und Untertürkheim. Erst 1975 bekam man im Zuge der Rebflurbereinigung endlich eine eigene Heimat. Ein Ascheplatz, nur 60 mal 90 Meter groß. Die Grenzen waren eng gesetzt.

Der neue Fußballplatz ließ den Verein wachsen. Aus dem einstigen Turn- wurde ein richtiger Sportverein. Heute werden im TSV Uhlbach neben Turnen und Fußball unter anderem auch Tennis, Beachvolleyball und Wintersport angeboten.

Die größte Anziehungskraft verströmen aber die Fußballer. „Der Besuch bei den Heimspielen unserer ersten Mannschaft gehört zum Freizeitprogramm vieler Uhlbacher“, erzählt Thomas Ziegler. Die Götzenberg-Arena, so heißt das Maracana in Wirklichkeit, bietet Kreisliga-Romantik vom Feinsten. Auf der Terrasse gibt es Bier und Rote Wurst vom Grill, auf den angrenzenden Steinstufen finden schon mal ein paar hundert Fans Platz. Viele haben Dauerkarten. Der angrenzende Wanderweg von Esslingen ins Remstal zieht zusätzlich Lauf- und Fahrradkundschaft an. So lässt sich ein Sommer-Sonntag ganz passabel aushalten.

Kreisliga-Romantik vom Feinsten

Stolz ist man beim TSV auf das besondere familiäre Flair, das sich wohl nur in einer Randlage wie in Uhlbach konservieren lässt. „Unsere Spieler kommen alle von hier“, berichtet Andreas Dobers, der zweite Vorsitzende des Vereins. „Wir sind wahrscheinlich die Einzigen, die auch in der Bezirksliga kein Geld bezahlen.“ Ein paar kurze Abstecher in Stuttgarts höchste Spielklasse gab es, ansonsten ist die Kreisliga A das Stammterrain der Uhlbacher. Die abgelaufene Spielzeit beendete man als Zehnter.

Doch das ist auch gar nicht so entscheidend. Mehr als Landesliga wäre mit der Platzgröße eh nicht drin. Wichtiger sind andere Dinge. Dass es den Nachwuchs auch weiterhin zum Fußball zieht – was in Uhlbach der Fall ist. Oder dass endlich der lang gehegte Wunsch eines größeren Kabinentrakts in Erfüllung geht. Klassische Themen eines Breitensportvereins.

Beim Rundgang fällt der gepflegte Zustand der Anlage auf. Hier und da ein wenig Unkraut, ansonsten alles tipptopp. An diesem Nachmittag kicken ein paar E-Jugendliche auf Mini-Tore. Ganz weit oben, auf den Spitzen der Weinberge, lassen sich ein paar Spaziergänger erahnen. Mit dem besten Blick auf diesen besonderen Stuttgarter Fußball-Ort.

Ihre speziellen Fußball-Orte

Unsere Reihe
Wir stellen in einer kleinen Reihe ohne Anspruch auf Vollständigkeit spezielle Fußball-Orte in Stuttgart vor. Den Auftakt machte der Bolzplatz an der Fleiner Straße, auf dem einst Hansi Müller das Kicken lernte. Es folgten der B-Block im Gazi-Stadion, die Gaststätte des PSV Stuttgart und die Cannstatter Kurve. Weitere Folgen veröffentlichen wir in den kommenden Tagen.

Ihre Erfahrungen
Uns interessieren aber natürlich auch Ihre und eure Erfahrungen. Was sind Ihre und eure speziellen Fußball-Orte in Stuttgart – und warum? Schreiben Sie uns gerne unter topsport@stzn.de.

Weitere Themen

Weitere Artikel zu Stuttgart Infografik