So hatte sich Bundestrainer Löw das Spiel in Irland ganz und gar nicht vorgestellt. Mit einem Sieg wollte die deutsche Mannschaft das EM-Ticket lösen. Doch nach der Pleite muss der Weltmeister gegen Georgien nachsitzen.

Dublin - Nach einer maßlos enttäuschenden Vorstellung und der ersten Pflichtspielniederlage gegen Irland hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft die vorzeitige Qualifikation für die EM 2016 verpasst. Das Ticket für die nächste Titelmission im kommende Sommer in Frankreich muss die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw nach dem blamablen 0:1 (0:0) gegen die wackeren Boys in Green nun am Sonntag in Leipzig gegen Georgien buchen. Durch das Remis von Schottland gegen Polen reicht ein Zähler, um den Fehltritt von Dublin zu korrigieren.

 

Der gerade erst eingewechselte Shane Long (70.) besiegelte mit seinem Tor vor 50 604 enthusiastischen Zuschauern die erste Niederlage einer DFB-Auswahl in Irland seit 59 Jahren - auch damals als amtierender Weltmeister. Für die aktuellen Champions war es die erste Niederlage seit acht Partien - wie schon beim 1:1 im Hinspiel vor einem Jahr hatte die Löw-Auswahl kein Rezept, den Abwehrriegel zu knacken.

„Es ist das passiert, was gegen solche Mannschaften passieren kann. Irland hat aus wenig viel gemacht. Wir wissen, dass es nochmal spannend werden kann. Ich hoffe, dass wir das Spiel gegen Georgien dominant gestalten können und die Qualifikation ungefährdet klar machen“, sagte Mats Hummels, der seinen Fehler beim Gegentor eingestand: „Ich schalte da zu spät.“

Ist die Systemumstellung Schuld?

Zwei Siege hatte Löw als Ziel für den Endspurt in der EM-Ausscheidung ausgegeben. Mit der Umsetzung vor 50 604 Zuschauern im ausverkauften Aviva Stadium haperte es aber gewaltig, was vielleicht auch an der Systemumstellung des Bundestrainers lag. In einer ungewohnten 4-4-2-Formation hatte Löw den Münchner Torjäger Thomas Müller neben Mario Götze in den Angriff beordert. Mesut Özil rückte stattdessen auf die rechte Außenbahn. Sowohl Müller als auch Özil konnten sich im ersten Durchgang mit ihrer neuen Rolle wenig anfreunden.

Gegen fußballerisch limitierte „Boys in Green“ hatte der Weltmeister zwar hohe Ballbesitzanteile, doch gerade im letzten Drittel des Spiels fehlte es an Überraschungsmomenten und zündenden Ideen. Dabei ging es eigentlich gut los für die DFB-Auswahl: Schon nach 24 Sekunden sorgte Marco Reus, der nach dem kurzfristigen Ausfall von Kapitän Bastian Schweinsteiger (Verhärtung im linken Adduktorenmuskel) ins Team gerückt war, mit einer scharfen Hereingabe für Gefahr.

Und die ersten klaren Torchancen ließen auch nicht lange auf sich warten: Der in der Abwehr gewohnt sichere Jérôme Boateng köpfte nach einer Ecke von Toni Kroos freistehend über das Tor (8.), fünf Minuten später vergab Ilkay Gündogan die große Chance zur Führung, als sein Schuss nach Zuspiel von Götze im letzten Moment von John O’Shea abgefälscht wurde.

Danach hatten sich die aufopferungsvoll kämpfenden Iren auf das statisch wirkende Spiel der deutschen Mannschaft eingestellt, ohne aber selbst Torgefahr zu entwickeln. Erschwerend kam für die DFB-Elf hinzu, dass der in den vergangenen Länderspielen so glänzend aufgelegte Götze nach 35 Minuten verletzt vom Rasen musste. Nach einem Zweikampf erlitt der Bayern-Profi eine schwere Adduktorenverletzung an der linken Seite. Sein Einsatz gegen Georgien ist sehr gefährdet.

Kein Vergleich zum 6:1

Zur zweiten Halbzeit wechselte Löw zurück auf das gewohnte 4-2-3-1-System. Besser wurde es aber nicht. Im Gegenteil: Der Weltmeister leistete sich viele Unkonzentriertheiten und zeigte im Offensivspiel kaum Durchschlagskraft. Kein Vergleich also zum Aufeinandertreffen vor gut drei Jahren, als die deutsche Mannschaft an gleicher Stelle den Iren beim 6:1 eine Lehrstunde erteilt hatte.

Sogar Manuel Neuer ließ sich von den Fehlern im deutschen Spiel anstecken. Der Keeper, der für Schweinsteiger die Kapitänsbinde trug, leitete aber auch einen gefährlichen Angriff mit einem weiten Abschlag auf Reus ein. Doch André Schürrle ließ die gute Kontergelegenheit ungenutzt (55.).

Nach gut einer Stunde kamen auch die Iren, die noch vor der Pause ihren 39 Jahre alten Torwart-Routinier Shay Given wegen einer Knieverletzung ersetzen mussten, durch Daryl Murphy zu einer guten Chance (64.). Verfehlten die Iren in dieser Szene noch das Ziel, machten sie es sechs Minuten besser. Nach einem langen Ball des eingewechselten Torhüters Darren Randolph verlieren BVB-Verteidiger Hummels und der Kölner Jonas Hector den irischen Stürmer Long aus den Augen, der schließlich auch Neuer keine Chance lässt.

Fast im Gegenzug hätte Hummels seinen Fehler bei einem Kopfball fast wieder gut gemacht (72.). Die noch größere Chance vergab aber Thomas Müller, der aus bester Position den Ball neben das Tor setzte (78.). Auch die deutsche Schlussoffensive brachte nichts mehr ein.