Fußball-Nationalelf um Jogi Löw ist von Sardinien nach Tourrettes umgezogen. Phase zwei beginnt.

Tourrettes - Die nette Urlaubs-Arbeits-Mischung mit Sonne und Familienanhang ist vorbei. Ab sofort geht es für Miroslav Klose & Co. nur um eins: Auf der zweiten Station der EM-Vorbereitung, die am Freitag mit dem Umzug vom sonnigen Sardinien ins regnerisch-kühle Südfrankreich begann, wollen sich die deutschen Elitekicker fit machen für den großen Coup in Polen und der Ukraine. „Ich bin zweimal Zweiter und zweimal Dritter geworden. Da will man natürlich einen Titel in den Händen halten“, äußerte Routinier Klose mit Rückblick auf die jüngsten EM- und WM-Turniere kämpferisch.

 

„Ich bin überzeugt davon, dass die Zeit für diese Mannschaft noch kommt“, betonte der 33 Jahre alte EM-Zweite von 2008. Allerdings würden bei der Endrunde auch andere starke Teams mit großen Ambitionen antreten, warnte Klose. Und so will Joachim Löw nach dem Stotterstart auf Sardinien nun in Tourrettes, 20 Autominuten von den Stränden des noblen Jetset-Ortes Cannes entfernt, keine Minute verschenken. Nach der Ankunft im zweiten Trainingscamp zwischen Meer und Bergen sollten die 17 mitreisenden EM-Kandidaten möglichst rasch den weiteren Trainingsprozess aufnehmen.

"Mein absolutes Ziel ist es, fit zu werden"

„Der Bundestrainer arbeitet mit Perfektion und voller Überzeugung, um das große Ziel zu erreichen“, berichtete der Stuttgarter Stürmer Cacau. Den Schwerpunkt wird Löw in den kommenden knapp zwei Wochen mehr auf die fußballspezifische Arbeit auf dem Platz legen. In kleinen Gruppen soll in der südfranzösischen Region Le Var an Taktik und Technik gefeilt werden. Doch auch im physischen Bereich will Löw weiter einige Reize setzen und zusätzliche Einheiten verordnen, um bei einigen Akteuren Rückstände weiter aufzuarbeiten.

Klose, in den vergangenen Wochen gleich durch zwei Verletzungen aus dem Spielrhythmus gekommen, hatte noch beim letzten Training auf Sardinien ein positives Zeichen gesetzt. „Das war gut, keine Probleme“, berichtete der Wahl-Römer nach dem ersten gemeinsamen Üben mit dem Team. Wie vor zwei Jahren vor der WM in Südafrika ist es Kloses „absolutes Ziel, fit zu werden, damit ich bei hundert Prozent bin“. Und für den 114-maligen Nationalspieler steht trotz Lob für den Kontrahenten Mario Gomez („Hut ab vor Mario“) fest: „Wenn ich fit bin, gehe ich davon aus, dass ich das erste Spiel machen werde.“

Mario Götze, wie Klose lange verletzt, sieht sich beim Aufholen ebenfalls sehr weit. „Mir fehlen vielleicht noch ein, zwei Prozent“, berichtete der Dortmunder Jungstar von seinen Fortschritten. „Ich bin ausgeruht und habe Lust auf Fußball.“ So können Götze, Klose und Kollegen wohl auch schnell wegstecken, dass die geliebten Frauen und Kinder von Olbia aus zurück in die Heimat fliegen mussten, während der DFB-Tross mit einem Sonderflieger Richtung Nizza abhob. Dort gab's erst einmal einen kleinen Klimaschock: Statt Sonnenschein empfing die von Löw angeführte Reisegruppe Schmuddelwetter.

"Jetzt beginnt die Phase zwei"

Der 9. Juni, wenn in Lwiw die Portugiesen um Topstar Cristiano Ronaldo als erster EM-Gruppengegner warten, ist für Spieler und Trainer von nun an der Tag X. Alles andere, ob die Testspiele gegen die Schweiz und Israel oder die endgültige Kaderbenennung mit dem bitteren EM-Aus für vier Spieler aus dem vorläufigen Aufgebot am 29. Mai sind nur Zwischenstationen. „Feinabstimmung in der Offensive und Defensive, Laufwege, das werden wir schon schaffen“, erklärte Löw sichtlich besser gelaunt als in den ersten Tagen auf Sardinien.

Der Bundestrainer freut sich besonders über den Esprit, den die fünf Dortmunder Double-Gewinner mit zur Nationalmannschaft gebracht haben. „Sie sind locker, voller Selbstbewusstsein und in freudiger Vorstimmung auf die EM. Alle haben jetzt das große Ziel, in Europa etwas zu gewinnen“, berichtete Löw. Oldie Klose ist trotz einer zersplitterten Vorbereitung, in die als Letzte die acht Bayern-Spieler in einer Woche einsteigen werden, optimistisch: „Wenn man sieht, welch talentierte Spieler wir haben, welche Dynamik auf dem Platz ist, dann sind das gute Voraussetzungen.“

Vor dem großen Champions-League-Endspiel des FC Bayern gegen den FC Chelsea hat Löw mit seinen Münchner Nationalspielern nicht mehr gesprochen. „Da sah ich keine Notwendigkeit. Der ganze Fokus liegt für sie auf Bayern gegen Chelsea, nicht auf der Nationalmannschaft.“ Nur mit Jérome Boateng suchte Löw kurz Kontakt, um sich nach dessen Blessur zu erkundigen. Am Sonntag werden Mesut Özil und Sami Khedira, die mit Real Madrid noch ein Freundschaftsspiel bestreiten mussten, die Kadergröße auf 19 erhöhen. „Jetzt beginnt die Phase zwei“, erklärte der Bundestrainer.