Emilie Mayer war die erste freischaffende Komponistin Europas. Das Label cpo veröffentlicht jetzt sämtliche acht Sinfonien.

Stettin - Ein bisschen Mendelssohn ist dabei, eine Prise Schumann, vor allem in der Orchestrierung und in der Behandlung der Bläser. Außerdem: überraschende Wendungen im dynamischen wie im harmonischen Verlauf, hochexpressive Passagen, ein ungewöhnlicher Fokus auf Dramaturgie und Spannungsbögen – und eine Vorliebe für das, was im klassischen Komponieren als Durchführung, also als musikalische Verarbeitung, gilt. Dass Emilie Mayer (1812-83) von Zeitgenossen den Beinamen „weiblicher Beethoven“ bekam, liegt an einigen Eigenheiten, die sie mit Beethoven teilt, hat aber auch mit Mayers ziemlich unweiblicher Kraft zu tun. Das Attribut „weiblicher Beethoven“ ehrt die in Mecklenburg geborene und später vor allem in Berlin tätige erste freischaffende Komponistin Europas. Es zeugt aber auch von der Perspektive einer Epoche, die Frauen und Kreativität für inkompatibel hielt. Wenn Frauen im 19. Jahrhundert Noten auf Papier schrieben, dann geschah dies für eigene Aufführungen oder für den Hausgebrauch.