Die Schauspielerin Emma Watson lässt sich leicht bekleidet ablichten und erntet dafür einen Shitstorm. Das zeigt mal wieder, wie dogmatisch die Menschen über Feminismus denken, kommentiert Simone Höhn.

London - Bei ihrer Rede vor den Vereinten Nationen 2014 wurde die Schauspielerin Emma Watson gefragt, warum sie Feministin sei. Ein Grund, so Watson damals, sei das unschöne Erlebnis gewesen, von den Medien sexualisiert worden zu sein, kaum dass sie das 14. Lebensjahr erreicht hatte. Watson musste sich als Darstellerin der Hermine Granger in den „Harry Potter“-Filmen schon in jungen Jahren mit den Schattenseiten der Öffentlichkeit auseinandersetzen. Zum Beispiel mit der Tatsache, dass Teile dieser Öffentlichkeit sich nicht für ihre Filme oder ihren Abschluss an der Elite-Uni Brown – und erst recht nicht für ihre Rolle als UN-Botschafterin und Unterstützerin der Gleichberechtigungskampagne „He For She“ – interessieren, sondern darüber debattierten, ob man ihre Unterwäsche sehen kann, wenn sie aus dem Auto steigt.

 

Watson posiert in einem Bolero-Jäckchen ohne etwas darunter

Nun könnte man diese Anekdote als Argument gegen die 26-Jährige verwenden und schimpfen: „Damals sich darüber aufregen, dass einem die Leute unter den Rock schauen, und heute sich selbst halb nackt fotografieren lassen.“ Diesem Beschuldigungs-Bedürfnis kommen derzeit viele Internetnutzer nach. Watson hat sich für die Titelgeschichte der „Vanity Fair“ ablichten lassen. Eine Aufnahme erregt besondere Aufmerksamkeit: Watson posiert in einem grobmaschigen Bolero-Jäckchen – ohne etwas darunter, so dass ihre Brüste teilweise zu sehen sind. Eine Feministin so freizügig?! Heuchelei, Doppelmoral, ruft es aus dem Wald der Moralisten. Die Abbildung rief selbst Feministinnen auf den Plan, unter anderem die Londonern Radiomoderatorin Julia Hartley-Brewer, die Watsons Verhalten ins Lächerliche zog.

Feminismus und Weiblichkeit? Es geht beides – so die Reaktion anderer Feministinnen wie Naomi Wolf. Die 54-jährige US-amerikanische Schriftstellerin und politische Aktivistin sagt: „Wir verdienen es, sexuell und seriös zu sein.“ Dem pflichten auch andere Internetnutzerinnen bei. So ist in einem Beitrag zu lesen: „Die erste Regel im Feminismus-Club: Verbrenne deinen BH, wann immer du willst!“

Watson wehrte sich in einem Gespräch mit der BBC gegen die Kritik. Diese Aussagen würden belegen, wie viel Irrglauben es noch über Feminismus gebe: „Im Feminismus geht es darum, Frauen eine Wahl zu geben. Feminismus ist kein Stock, mit dem man andere Frauen schlagen kann. Es geht um Freiheit, um Befreiung, um Gleichberechtigung. Ich weiß wirklich nicht, was meine Titten damit zu tun haben.“