Der Emmy für Viola Davis ist ein Meilenstein für das US-Fernsehen. Noch nie zuvor hatte eine Afroamerikanerin den begehrten Fernsehpreis erhalten. Nach ihrer Dankesrede erhob sich das Publikum im Saal in Los Angeles.

Los Angeles - Als Viola Davis erfuhr, dass sie für den US-Fernsehpreis Emmy nominiert worden war, lag sie im Whirlpool. Ein Freund rief an, tat erst so, als sei nichts geschehen, und sagte ihr erst ganz am Schluss der Unterhaltung: „Glückwunsch.“ Sie sei aus dem Pool stiegen, erzählte Davis später dem Klatschmagazin „People“, habe sich   ein Sandwich mit Eiersalat gemacht, ein Glas Prosecco eingegossen und wieder ins Wasser gestiegen.

 

Als Viola Davis nun   erfuhr, dass sie tatsächlich den wichtigsten Preis im US-Fernsehen gewonnen hatte, war ihre Reaktion völlig anders. Die 50 Jahre alte Schauspielerin stand auf der Bühne und kämpfte mit den Tränen. Ihre Stimme bebte.

Rassentrennung noch immer Thema

In der Tat: was sich da am Sonntagabend in Los Angeles abspielte, war ein Stück Fernsehgeschichte. Erstmals zeichnete die Jury eine Afroamerikanerin mit dem Emmy als beste Hauptdarstellerin aus. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem offiziellen Ende der Rassentrennung ist so etwas in den USA noch Anlass für fette Schlagzeilen und mehr oder minder tiefgehende Reflexionen über die Lage der Schwarzen im amerikanischen Unterhaltungsbusiness.

Dass die Lage nicht besonders gut ist, hat Davis selbst während ihrer Dankesrede zu Protokoll gegeben. Das Einzige, sagte sie, was Frauen mit dunkler Hautfarbe von anderen trenne, seien die Gelegenheiten, ihr Talent unter Beweis zu stellen. „Man kann keinen Emmy für Rollen gewinnen, die es einfach nicht gibt“, sagte Viola Davis. Das Publikum erhob sich und klatschte.

Weiße Kolleginnen heimsen die Preise ein

An diese knappe, aber klare Ansprache dürften sich die Amerikaner noch lange erinnern. Viola Davis, 1965 im Südstaat South Carolina geboren, hat nur ausgesprochen, was jeder Fernsehzuschauer in den USA Tag für Tag auf dem Bildschirm sehen kann. Afroamerikanischen Fernsehschauspielerinnen bekommen in der Regel nicht die besten Rollen, und wenn sie diese doch erhalten, dann bekommen – etwas überspitzt zusammengefasst – am Ende doch wieder ihre weißen Kolleginnen die Preise.

Das könnte sich nun ändern. Der Emmy für Viola Davis ist erst der Anfang, glauben die Fernsehkritiker, er wird nicht der letzte für eine Afroamerikanerin gewesen sein. Viola Davis, da ist sich die Fachwelt ohnehin einig, hat den Preis mehr als verdient. In der Krimiserie „How to get away with Murder“ spielt sie die harte, ehrgeizige Juraprofessorin und Strafverteidigerin Annalise Keating, die sogar das Recht verbiegt und zu ungewöhnlichen Mitteln greift, wenn sie glaubt, damit ihren unterprivilegierten Klienten helfen zu können. Dieser Emmy ist der Garant dafür, dass die zweite Staffel der Serie, die am Donnerstag in den USA anläuft, erst recht zu einem Erfolg werden dürfte.