Das Gericht geht von einem Geschwisterkrieg zu Lasten der Mutter aus: Vor dem Amtsgericht Marbach wird der Sohn aber vom Vorwurf freigesprochen, 80 000 Euro vom Sparbach der Mutter gestohlen zu haben.

Ludwigsburg: Andreas Hennings (hen)

Marbach - Am Ende eines emotionsgeladenen Prozesses, in dem sich der Angeklagte heftig mit seiner als Zeugin aussagenden Schwester gestritten hatte, ist der 57-jährige Mann gestern am Amtsgericht Marbach freigesprochen worden. Er war des Betrugs angeklagt. Dem Mann war vorgeworfen worden, im März 2016 mithilfe einer gefälschten Unterschrift von Girokonto und Sparbuch seiner betagten Mutter rund 84 000 Euro abgehoben und diese damit geprellt zu haben.

 

„Das ist sicherlich kein Freispruch erster Klasse. Und dass Sie kein Sympathieträger sind, werden Sie wohl nachvollziehen können“, sagte die Vorsitzende Richterin Ursula Ziegler-Göller bei der Urteilsverkündung in Richtung des Freigesprochenen. Man habe es hier wohl mit einem Geschwisterkrieg zu Lasten der 90-jährigen Mutter zu tun, schätzte die Richterin ein. Die Beweislast reichte dabei nicht für eine Verurteilung aus.

Zehn Prozent Restzweifel reichen zum Freispruch

Ein Schriftsachverständiger machte vor Gericht in seinem Gutachten auch deutlich, dass die Unterschrift der Mutter unter der Bevollmächtigung, nach der ihr Sohn alleine über das Geld verfügen dürfe, mit „mindestens überwiegender Wahrscheinlichkeit“ gefälscht wurde. Restzweifel von etwa zehn Prozent aber konnte er nicht ausräumen, auch weil vergleichsweise wenige Vergleichsschriften zur Verfügung standen. Werden üblicherweise 20 bis 30 Schriften herangezogen, waren es diesmal nur sieben. Denn die in Kroatien lebende Mutter ist Analphabetin. „Über diese Zweifel können wir nicht hinwegsehen“, meinte die Richterin.

Als echt stufte der Gutachter hingegen eine zweite Unterschrift der Mutter unter einem Schreiben vom August 2016 ein, in dem sie erklärte, den Geldbetrag in Kroatien in bar von der Ehefrau des Angeklagten erhalten zu haben. Dazu passte, dass der 57-Jährige in der Verhandlung beteuert hatte, dass es ihm nicht ums Geld gehe, sondern um würdevolle letzte Tage seiner Mutter. Die Staatsanwältin sah das anders, schließlich hätten Mutter und Sohn seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt.

Zockt auch die Richterin die Mutter ab?

Mit in den Fokus rückte letztlich die Schwester, die vor Gericht ebenfalls nicht den besten Eindruck hinterließ. „Es trifft wohl eher zu, dass sie ihre Mutter abzockt“, meinte die Richterin. Auch vermute sie, dass die Tochter hinter einem Notarschreiben der Mutter aus dem Jahr 2017 stehe, nach der sie doch kein Bargeld erhalten habe. „Das ist alles widersprüchlich. Eine 90-jährige Dame geht sicherlich nicht von sich aus zu einem Notar“, mutmaßte die Richterin.

Inzwischen werde die Mutter laut Verteidigung sogar von Europol gesucht, da sie einfach aus ihrem Heim abgeholt worden sei und niemand wisse, wo sie sich befindet. Auch hier wird vermutet, dass die Tochter dahinter stecken könnte. „Sie sollten sich mal mit ihr an einen Tisch setzen“, sagte die Richterin zum Bruder.

Die Staatsanwältin hatte wegen Betrugs mit Urkundenfälschung eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren gefordert, die für drei Jahre zur Bewährung hätte ausgestellt werden können. Dazu schlug sie eine Strafe von 10 000 Euro vor – vergeblich.