Ob Werbung, Politik oder Stammtisch – wenn’s um Aufmerksamkeit und Reichweite geht, werden Dinge zum Tabu erklärt, die nie eines waren. Im Spiel aus gezielter Provokation, kalkulierten Shitstorms und inszeniertem Tabubruch wird Empörung zur letzten Währung. U nd jetzt?

Stuttgart - Die Nerven liegen blank: Ein Hersteller für Fruchtsäfte provoziert mit Holzhammer-Humor, ein Rasierklingenhersteller ruft ein zartbesaitetes Männlichkeitsideal aus, im Supermarkt wird ein Schokohase verkauft, der gar nicht Osterhase heißt, und eine Parteivorsitzende macht Witze über das dritte Geschlecht. Und schon wird der nächste Shitstorm losgetreten – eine weitere Welle der Empörung, die im Idealfall auch rüber ins echte Leben schwappt. Einer brüllt „Frechheit“, der andere meint „Das wird man ja wohl noch sagen dürften“, jemand sieht das Abendland in Flammen und wieder einer ruft „Tabu!“.