Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus muss wohl nicht mehr befürchten, vom Land für seinen EnBW-Deal zur Kasse gebeten zu werden. Die grün-rote Landesregierung hat die Frist für eine Schadenersatzklage gegen Mappus ungenutzt verstreichen lassen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) muss wohl nicht mehr befürchten, vom Land für seinen EnBW-Deal zur Kasse gebeten zu werden. Die grün-rote Landesregierung hat die Frist, innerhalb derer sie eine Schadenersatzklage gegen Mappus hätte einreichen können, ungenutzt verstreichen lassen. Zuvor hatte sie sich vergeblich bemüht, ihn zu einem längeren Verzicht auf die Verjährung zu bewegen. Damit ist der frühere Regierungschef als einziger der Beteiligten insoweit aus dem Schneider.

 

Eigentlich wären mögliche Schadenersatzansprüche aus dem Milliardengeschäft schon Ende 2013 verjährt, drei Jahre nach Vertragsschluss. Doch auf Bitten des Landes erklärten sich die Beteiligten bereit, die Verjährung befristet zu verlängern. Entsprechende Erklärungen gab es nach StZ-Informationen von Mappus, den Ex-Ministern Willi Stächele und Helmut Rau (alle CDU) sowie von der Investmentbank Morgan Stanley samt ihrem früherem Deutschland-Chef Dirk Notheis und der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz. Ziel war es, die Klagemöglichkeit bis nach dem Ausgang des Schiedsverfahrens offen zu halten. Dort fordert das Land gut 800 Millionen Euro vom Vertragspartner, der Electricité de France (EdF), zurück; eine Entscheidung wird im Lauf des Jahres erwartet. Für den Fall, dass die Klage abgewiesen wird, behielt sich die Regierung Ansprüche gegen die Akteure vor. Dazu sei man verpflichtet, hieß es stets.

Bei anderen Beteiligten ist die Verjährung bis Ende des Jahres ausgesetzt; Mappus hingegen stimmte nur einer Verlängerung um drei Monate zu, bis Ende März. Damit setzte er die Landesregierung unter Zugzwang, ihn entweder zu verklagen oder mögliche Ansprüche verfallen zu lassen. Sie entschied sich nun zum Verzicht auf die Klage. Man setze darauf, das Geld der Steuerzahler im Schiedsverfahren zurückzuholen, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums zur Begründung; bei einem Erfolg dort hätte sich das Vorgehen gegen Mappus ohnehin erübrigt. Inoffiziell hieß es, es sei unrealistisch, dass eine einzelne Person 800 Millionen Euro Schadenersatz zahlen könne. In den anderen Fällen sei über eine Zivilklage bis jetzt nicht entschieden worden, da noch keine Verjährung drohe, fügte der Sprecher hinzu. Finanzminister Schmid hatte im Landtag gesagt, bei dem Ex-Banker Notheis „mag vielleicht in bisschen was da sein”.

Über das Vermögen von Mappus ist wenig bekannt

Vertreter der Regierungsfraktionen im EnBW-Ausschuss verteidigten den Verzicht auf die Klage. Man habe „in Abwägung aller Gegebenheiten . . . richtigerweise so entschieden”, sagte der Grünen-Obmann Hans-Ulrich Sckerl. Je nach Ausgang der strafrechtlichen Ermittlungen gegen Mappus könnte es doch noch Möglichkeiten geben, Ansprüche gegen ihn geltend zu machen. Der SPD-Obmann Sascha Binder sprach von einer „pragmatischen Entscheidung“. Vor Gericht einen Titel zu erstreiten sei das eine, das Geld auch wirklich zu bekommen, das andere. „Bei Schuldnern, die nicht solvent sind“, sei der Verzicht üblich.

Über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Mappus, der gerade 48 Jahre alt wurde, ist nur wenig bekannt. Als früherem Regierungsmitglied steht ihm vom 58. Lebensjahr an eine Pension von – nach heutigem Stand – etwa 8000 Euro monatlich zu. Immer wieder wird gefragt, wie er die wohl erheblichen Aufwendungen für seine Anwälte finanziert. „Die Veranstaltung wird mich eine sechsstellige Summe an Anwaltshonoraren kosten“, sagte er einmal. Seither engagierte er weitere, hochkarätige Rechtsberater wie Professor Bernd Schünemann oder Franz Enderle aus der Münchner Kanzlei Bub Gauweiler. Die Anwälte des Ex-Regierungschefs reagierten nicht auf eine StZ-Anfrage zum Klageverzicht des Landes und den Anwaltskosten. Mappus hat stets bestritten, dass dem Land durch den EnBW-Deal ein Schaden entstanden sei.

Zeitgleich mit dem Klageverzicht des Landes reichte Mappus beim Landgericht Stuttgart eine Zivilklage gegen die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz ein. Diese sei „auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach gerichtet“, sagte ein Sprecher. Von den Anwälten, die er zunächst gelobt hatte, sieht sich Mappus inzwischen falsch beraten. Bei Gleiss Lutz heißt es dazu, man sehe keine Grundlage für Ansprüche.

Mit zwei Klagen beim Verwaltungsgericht Stuttgart geht der Ex-Premier gegen den Ausschuss zum EnBW-Deal vor. Zum einen verlangt er ein umfassenderes Frage- und Beweisantragsrecht, als es ihm bisher eingeräumt wurde, zum anderen fordert er Zugang zu sämtlichen Beweismitteln. In beiden Fällen hat das Gericht mittlerweile eine Stellungnahme des Landes erbeten.