Hat Stefan Mappus seinen Vorgänger Günther Oettinger über den Plan informiert, EnBW-Anteile zurückzukaufen? Das würde neue Fragen aufwerfen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart – War der EU-Energiekommissar und frühere Ministerpräsident Günther Oettinger in den EnBW-Deal seines Nachfolgers Stefan Mappus (beide CDU) vorab eingeweiht? Trotz entsprechender Hinweise in den Akten des Untersuchungsausschusses ist das bis jetzt ungeklärt. Oettinger schweigt und verweist auf das Stuttgarter Staatsministerium, dort weiß man von nichts.

 

Für eine Vorabinformation an Oettinger spricht ein Vermerk der PR-Agentur Hering Schuppener vom Vortag des Vertragsschlusses, mit dem Mappus auf „hässliche Fragen“ vorbereitet wurde. Zur Reaktion von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sollte er danach sagen, sie sei „sehr erfreut, weil sie ebenfalls der Meinung ist, dass diese Lösung im Interesse unseres Landes ist“. Tatsächlich äußerte sich Merkel verhalten positiv zu dem Milliardengeschäft. „Nichts zum Zeitpunkt sagen“, hatten die PR-Berater gleichsam als Regieanweisung hinzugefügt.

Die Reaktion des EU-Energiekommissares sollte Mappus wie folgt schildern: „Er sieht das wie Frau Merkel. Auch mit ihm habe ich natürlich gesprochen.“ Auch bei Oettinger sollte Mappus „nichts zum Zeitpunkt sagen“ – in beiden Fällen wahrscheinlich, um nicht offenzulegen, dass die Einbeziehung sehr spät erfolgte.

Die Frage bleibt unbeantwortet

Ob Oettinger tatsächlich vorab informiert wurde, ist damit noch nicht erwiesen. Die Sprecherin des Kommissars ließ eine entsprechende StZ-Anfrage unbeantwortet. „Bitte wenden Sie sich an die Staatskanzlei, die alle entsprechende Unterlagen dazu hat“, hieß es lediglich. Dem widersprach ein Sprecher der Stuttgarter Landesregierung: „Im Staatsministerium ist dazu nichts dokumentiert.“

Interessant wäre vor allem zu wissen, wie Oettinger auf eine etwaige Vorabinformation reagiert hat. Einerseits konnte er den Rückkauf von der Électricité de France (EdF), wie Parteifreunde meinten, als „späten Sieg“ werten: Als CDU-Fraktionschef hatte er sich nachdrücklich gegen den Verkauf des Landesanteils an die Franzosen ausgesprochen, konnte sich aber nicht gegen den damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel durchsetzen.

Andererseits hätte er das Geschäft niemals unter Ausschaltung des Landtags abgeschlossen, sagen einstige Vertraute Oettingers. Aus politischen und rechtlichen Gründen, so deren Überzeugung, hätte er unter keinen Umständen den als Verfassungsbruch verurteilten Weg über ein Notbewilligungsrecht gewählt. In seiner Amtszeit als Ministerpräsident, 2007, hatte der Staatsgerichtshof schließlich einen parallel gelagerten Fall bei der Bewährungshilfe als verfassungswidrig eingestuft – ein Vorgang, der dem für sein hervorragendes Gedächtnis gerühmten Oettinger präsent gewesen sein dürfte. Zudem galt der Premier in allen Fragen rund um den Haushalt als besonders beschlagen.

Dies wirft die Frage auf, ob er Mappus im Fall einer Vorabinformation vor dem Vorgehen gewarnt hat – oder wie der frühere Justizminister Ulrich Goll (FDP) schwieg. Goll hatte vor dem Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal erklärt, ihm sei das verfassungsrechtliche Risiko vor dem Kabinettsbeschluss am 6. Dezember durchaus bewusst gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei es aber zu spät gewesen, „um über solche grundsätzlichen Dinge noch einmal zu reden“. So sei ihm nur die Hoffnung geblieben, dass sich das Risiko nicht realisiere – die bekanntlich trog.

Nicht als Zeuge geladen

Bisher ist Oettinger nicht als Zeuge vor den Ausschuss geladen. Wenn sich seine mögliche Einbindung nicht anders klären lässt, hätte das Gremium jedoch die Möglichkeit dazu. Mappus hatte sich bei seiner Anhörung nicht dazu geäußert.