Der Präsident des Rechnungshofs, Max Munding, steht wegen seiner Rolle beim EnBW-Deal bei seinen Kollegen stark in der Kritik.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Unmut in der Spitze des Rechnungshofs über die Rolle des Präsidenten Max Munding beim EnBW-Deal ist wesentlich breiter als bisher bekannt. Der einst von der SPD nominierte Direktor Martin Willke, der vergeblich eine Prüfung des Milliardengeschäfts angeregt hatte, steht mit seiner Kritik nicht alleine. Auch der Vizepräsident Günther Kunz und die zuständige Direktorin Hilaria Dette (CDU) waren über Mundings Umgang mit dem Aktienkauf empört, äußerten dies zunächst aber nur intern.

 

Anlass war der Auftritt des Chefprüfers im Dezember 2010 vor dem Finanzausschuss des Landtags. In der nichtöffentlichen Sitzung zum EnBW-Deal hatte Munding die angeblich kritische Sicht des Rechnungshofs nach Berichten von Teilnehmern derart zurückhaltend dargestellt, dass seine Ausführungen als Zustimmung zu dem Geschäft verstanden werden konnten. Insbesondere der damalige Finanzminister Willi Stächele (CDU) äußerte sich entsprechend, als er ein Teilergebnis der Diskussion zusammenfasste. Kunz und Dette, die als einzige Mitglieder des Rechnungshofs anwesend sein durften, zeigten sich danach gegenüber Kollegen entsetzt. Der Vizepräsident habe sich über Mundings Auftritt "wahnsinnig aufgeregt", verlautet aus Karlsruhe, die Direktorin sei "empört" gewesen.

Munding ist Willkes Forderung nicht nachgekommen

Von dem derzeit erkrankten Kunz war keine Stellungnahme zu erhalten. Dette ließ ihre "Empörung" durch die Pressestelle der Kontrollbehörde bestätigen. Diese habe sich "auf die mögliche Vereinnahmung des Rechnungshofs durch den Finanzminister" bezogen. Laut dem Sprecher hätte eine Äußerung Stächeles zur Frage, welcher Artikel der Landesverfassung für den Kauf am Parlament vorbei maßgeblich sei, "vielleicht als Vereinnahmung des Rechnungshofs zu diesem Punkt interpretiert werden können". Munding habe sich danach noch mehrfach zu Wort gemeldet, um auf die fehlenden Voraussetzungen für die Notbewilligungsklausel und den Parlamentsvorbehalt als "Mittel der Wahl" hinzuweisen. Aus Sicht von Frau Dette "wäre es vorteilhaft gewesen, unmittelbar per Zwischenruf zu intervenieren, um jegliches Missverständnis bei diesem Punkt auszuschließen".

Zur Bekräftigung verweist der Rechnungshof auf das streng geheim gehaltene Protokoll der Sitzung, das Munding und der Justiziar der Behörde aufgrund der StZ-Anfrage eingesehen hätten.

Der Direktor Willke hatte bereits im Februar eine Prüfung des EnBW-Deals nach eigenen Worten "als dringend und wichtig, sowohl in der Sache wie auch für den Rechnungshof, im Senat offiziell angeregt". Seine Forderung, dies in einem Protokoll festzuhalten, ist Munding bis heute nicht nachgekommen. Es sei kein Sachantrag gestellt und daher auch kein Beschluss gefasst worden, ließ er ausrichten. "Ein Protokoll wurde daher entsprechend der Geschäftsordnung des Rechnungshofes und langjähriger Übung nicht erstellt."

Landtag prüft EnBW-Deal nun doch

Auf Wunsch von Grünen und SPD im Landtag prüft die Kontrollbehörde den EnBW-Deal nun doch. Sie geht der Frage nach, ob es vor dem Kauf der Aktien ein "rechtlich ordnungsgemäßes und wirtschaftliches fundiertes Bewertungsverfahren" gab. Die Regierungsfraktionen vermuten offenbar, dass dies nicht der Fall war. Zuständig für die Prüfung, die noch vor dem offiziellen Antrag des Landes anlief, ist die Abteilung 3 der Direktorin Dette. Zur Frage, ob sie sich als CDU-Mitglied und ehemalige Referatleiterin im CDU-geführten Staatsministerium als unbefangen ansehe, äußerte sie sich mit Verweis auf die laufende Prüfung nicht.

Unbeantwortet blieb zudem die Frage, ob der Rechnungshof auch die Beauftragung der Investmentbank Morgan Stanley untersuchen wird, die in Deutschland vom Freund und Trauzeugen des früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus, Dirk Notheis (beide CDU), geführt wird.

Der SPD-Chef Nils Schmid hatte die Kontrollbehörde bereits im Dezember 2010 öffentlich aufgefordert zu prüfen, ob die Vergabe ohne Ausschreibung rechtens war. Eine Reaktion aus Karlsruhe auf den Vorstoß des damaligen Oppositionspolitikers Schmid wurde nie bekannt.