Der EnBW-Untersuchungsausschuss beendete die öffentlichen Zeugenbefragungen mit Ermittlungen in eigener Sache. Wer erfuhr wie von Informationslecks im Ausschuss – und wer hätte sie aufklären müssen? Der Justizminister und der Landtagspräsident im Zwist.

Stuttgart - Um den EnBW-Deal ist es bei der Zeugeneinvernahme des gleichnamigen Untersuchungsausschusses am Freitag nur wenig gegangen. Statt dessen beschäftigte sich das Gremium laut CDU-Obmann Alexander Throm nur mit „Randerscheinungen“, genauer gesagt: mit sich selbst. Dies geschah indes mit einer gewissen Zwangsläufigkeit, berief sich doch der als Erster aufgerufene Zeuge, der Investmentbanker Dirk Notheis, auf sein Recht, jede Auskunft zu verweigern.

 

Notheis, neben und womöglich noch vor dem früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus der Spiritus Rector des Geschehens um den Rückkauf der Energieaktien durch das Land, hatte sich vor einem Monat – zusammen mit Mappus vor den Untersuchungsausschuss geladen – krank gemeldet. Dies wollten die Abgeordneten nicht auf sich sitzen lassen und bestellten Notheis erneut ein. Gerne hätten sie erfahren, ob es am Ende Notheis, nicht Mappus gewesen war, der juristische Bedenken gegen die Anwendung des Notbewilligungsrechts und die damit verbundene temporäre Ausschaltung des Landtags ins Leere hatte laufen lassen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, mochten sich die Abgeordneten gedacht haben. Am Ende schied sie doch dahin: Notheis schwieg.

Treffen auf dem Autobahnparkplatz

Dafür redete Landtagspräsident Guido Wolf. Er gehörte zu den von dem CDU-Mann Throm apostrophierten „Randerscheinungen“ des Tages. Die CDU hatte am Auftritt des Zeugen Wolf kein Interesse – anders die Regierungsfraktionen von Grünen und SPD, die dem Reserve-Spitzenkandidaten der CDU für die nächste Landtagswahl die Flügel stutzen wollten.

Wie kam das? Nachdem offenbar geworden war, dass der dem hohen moralischen Ton zuneigende damalige Ausschussvorsitzende Ulrich Müller (CDU) wichtige Unterlagen an Mappus weitergereicht hatte – in einem filmreifen Szenario des Abends an der Autobahn –, wurde auch noch bekannt, dass Landtagspräsident Wolf schon länger von einem Leck im Ausschuss wusste. Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) hatte diese von der Staatsanwalt im Rahmen der Ermittlungen gegen Mappus und Notheis gewonnene Erkenntnis im Herbst 2012 dem Parlamentspräsidenten in einem Schreiben zugänglich gemacht, jedoch ohne Müller beim Namen zu nennen – aus Gründen des Datenschutzes, sagte Stickelberger vor dem Ausschuss.

Srickelberger und Wolf im Clinch

Stickelberger bezeichnete sein Tun als „Nobile officium“, als Ehrenpflicht gegenüber dem Parlament. Wolf sollte wissen, dass von Abgeordneten gegen das Untersuchungsausschussgesetz verstoßen wurde, das die Weitergabe von Dokumenten untersagt. Stickelberger sagte vor dem Ausschuss, er habe den Landtagspräsidenten in die Lage versetzen wollen, das Leck selbst zu ermitteln und „entsprechende Maßnahmen einzuleiten.“ Hätte Wolf in seiner Funktion als Parlamentspräsident nachgefragt, so gab Stickelberger zu verstehen, wäre dem Justizministerium die Offenlegung von Müllers Namen rechtlich möglich gewesen.

Wolf aber packte Stickelbergers Brief in den Tresor und unternahm nichts. Um einen Mappus-Helfer zu schützen, der nur aus den Reihen der CDU kommen konnte? Er habe Stickelbergers Brief nur als Information gewertet, sagte Wolf. Zumal der als „persönlich“ und „vertraulich“ gekennzeichnet gewesen war. Auch sei er gänzlich unkonkret gewesen. Als aus dem Ausschuss die Bemerkung fiel, das Telefon sei schon erfunden, eine Nachfrage wäre möglich gewesen, versetzte Wolf, das sei doch kein Umgang, einen Brief zu schreiben mit der Botschaft: „Frag mich doch was, damit ich dir was sagen kann.“ Für die CDU war am Ende klar, dass Stickelberger die Identifizierung des Lecks im Untersuchungsausschuss auf Wolf abwälzen wollte. Dabei hätte der Minister seine Information auch direkt in den Ausschuss einspeisen können. Wolf habe „keinen Fehler“ gemacht. Grüne und SPD sahen dies rollengemäß anders.