Die EnBW steigt mit gut 74 Prozent beim Leipziger Gasunternehmen VNG ein und steigt damit zur Nummer drei im deutschen Gasgeschäft auf – ein strategisch richtiger Schritt, wie StZ-Wirtschaftsredakteur Werner Ludwig im Kommentar schreibt.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - EnBW-Chef Frank Mastiaux muss den drittgrößten deutschen Stromversorger fit machen für die Energiewende. Die Milliardeninvestitionen in erneuerbare Energien trotz wegbrechender Erträge in der konventionellen Stromerzeugung zu stemmen, ist ein Megaprojekt, das alle Kräfte beansprucht. Unübersichtliche Strukturen und Beteiligungsverhältnisse sind da nur ein Klotz am Bein. Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass die Karlsruher den jahrelangen Streit mit dem Oldenburger Versorger EWE beigelegt haben und sich nun direkt an der bisherigen EWE-Tochter VNG beteiligen können. Im Gegenzug gibt die EnBW ihren 26-Prozent-Anteil an der EWE zurück, der ihr statt des erwarteten Durchgriffs auf VNG in erster Linie Ärger eingebracht hat. Dieser gipfelte 2013 sogar in einer 500-Millionen-Euro-Schadenersatzklage der EWE gegen die EnBW. Zudem mussten die Karlsruher bereits etliche hundert Millionen Euro auf ihre EWE-Beteiligung abschreiben.

 

Nun herrschen klare Verhältnisse – und Mastiaux kann die Gassparte der EnBW in einem einzigen Schritt auf mehr als das Doppelte der bisherigen Größe ausbauen. Damit erhält der Konzern ein belastbares zusätzliches Standbein, um die Probleme im Stromgeschäft zumindest teilweise auszugleichen. In dieselbe Richtung zielte die Komplettübernahme der Gasunternehmen GVS und Terranets BW im vergangenen Jahr. Schließlich setzt Mastiaux auch im Stromsektor weiter auf das Geschäft mit dem Betrieb von Netzen, das dank staatlich garantierter Renditen ebenfalls als Stabilitätsanker in unruhigen Zeiten fungiert.

Ein Schnäppchen ist der Einstieg bei VNG für die EnBW nicht, doch unter strategischen Gesichtspunkten ist er dennoch richtig. Erdgas ist – im Gegensatz zur Kohle – ein Brennstoff mit Zukunft. Gaskraftwerke lassen sich schnell an- und abschalten, und sind deshalb die ideale Ergänzung zu den schwankenden erneuerbaren Energien. Zudem ist ihr CO2-Ausstoß deutlich niedriger als der von Kohlekraftwerken. Allerdings rechnen sich Gaskraftwerke angesichts der Marktverwerfungen durch die Energiewende derzeit kaum. Wenn die Politik ihr Bekenntnis zum Klimaschutz ernst nimmt, muss sie hier dringend nachjustieren. Darauf setzt auch die EnBW.