Experten sehen aufgrund heißer werdender Sommer wenig Zukunft für Glasfassaden. Warum hat sich der Energiekonzern EnBW bei seiner Zentrale auf dem Fasanenhof trotzdem für diesen Baustoff entschieden?

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Er ist ein Hingucker, der Glaspalast auf dem Stuttgarter Fasanenhof. Stolz recken sich die Gebäude des Energieriesen EnBW gen Himmel, durch die Lage an der B 27 gut sichtbar für täglich Tausende an Pendlern. Allerdings war der Ruf von Glasfassaden schon einmal glänzender, von Experten ist zu hören, dass dieser Baustoff über kurz oder lang an Interesse einbüßen wird. Weil es in Zeiten, in denen die Sommer den Prognosen nach heißer werden, aber auch aus Energiespargründen ratsamer ist, auf Alternativen umzusteigen. Das Interesse an Hitzeschutz und Kühlung wird wachsen – und muss wachsen, wie Fachleute sagen. Stichwort: Klimaanpassung.

 

Wenn nächtliches Lüften schon nicht mehr hilft

Der ausklingende Sommer 2022 dürfte vielen Menschen gezeigt haben: Bleibt es während einer längeren Periode heiß, kommt man mit nächtlichem Lüften irgendwann nicht mehr sonderlich weit. Eine der Fragen in künftigen Hitzeperioden wird also sein, wie Gebäude kühl bleiben. Glas, Ausdruck moderner Architektur, gilt an dieser Stelle als wenig förderlich. Glas, Beton und Metall speichern Wärme. Hinzukommt: Auch als Schattenspender – eine in Zukunft immer wichtigere Funktion hoher Gebäude – sind Glasbauten in der Regel nicht die erste Wahl.

Warum hat sich der Konzern vom Fasanenhof, Experte in Energiefragen, den im Jahr 2009 eröffneten Neubau mit einem so hohen Glasanteil errichten lassen? Muss sich die EnBW unter Umständen ähnliche Fragen stellen lassen wie das Stuttgarter Europaviertel? Nämlich: Hat eine solche Bauweise überhaupt eine Zukunft in Heißzeiten?

Der EnBW-Sprecher lenkt das Augenmerk auf Nachfrage ins Winterhalbjahr. „Durch den hohen Glasanteil gelangen Solargewinne in das Gebäude und tragen signifikant zur Reduzierung der Heizenergie des Gebäudes bei“, teilt er mit. Doch was ist nun mit dem Sommer? „Alle Büroräume sind mit einem effektiven inneren und äußeren Sonnenschutz ausgestattet. Bei seiner Errichtung wurde die damals geltende Energiesparverordnung um über 20 Prozent unterschritten.“ Auch nach 13 Jahren sei man hier energetisch auf einem „sehr hohen Standard“. Dennoch würde man stets nachjustieren. Abgesehen vom Klima vor der Scheibe: Glas führe zu einem besseren Klima drinnen, erläutert der EnBW-Sprecher. „Es ist bekannt, dass helle lichtdurchflutete Büroräume zu einem besseren Arbeitsklima beitragen.“

Dass die Coronapandemie Arbeitnehmer, deren Job das erlaubt, in großer Zahl an den heimischen Schreibtisch spülen würde, das war bei der Eröffnungsfeier der EnBW-Zentrale 2009 wirklich nicht abzusehen.