Die EnBW will in Walheim Klärschlamm verbrennen, die Gemeinde wehrt sich. Sie sieht sich im Recht. Jetzt gibt es noch Schützenhilfe aus den Reihen der Bundes- und Landes-CDU.

Ziemlich festgefahren waren zuletzt die Gespräche im Streit über eine Klärschlamm-Verbrennungsanlage auf dem Gelände des EnBW-Kraftwerks in Walheim. Der Energiekonzern hielt an den Plänen fest, der Gemeinderat ging d’accord mit einer Bürgerinitiative, die rund 3500 Unterschriften gegen den Bau sammelte, und erließ eine Veränderungssperre für das Areal. Politischen Rückenwind erhalten die Gegner nun durch einen Brief der beiden CDU-Abgeordneten Fabian Gramling und Tobias Vogt.

 

Knackpunkt im Streit ist die Frage, ob das Areal nur der Energieerzeugung dienen darf. So sieht es der Eintrag im Regionalplan vor, auf den sich nun auch der Bundestagsabgeordnete Gramling und sein Landtagskollege Vogt beziehen. Sie führen im offenen Brief an die EnBW-Spitze den Wandel durch den Krieg in der Ukraine an. In Walheim könne durch Rückverstromung von Wasserstoff grüne Elektrizität entstehen. Da akzeptierte Standorte für die überregionale Energiegewinnung selten seien, dürfe man sie nicht für die Entsorgung von Abfällen verwenden, wie etwa Klärschlamm. Die Anbindung durch Schiff und Bahn sei ein großer Vorteil.

Die Argumente der Politiker decken sich zum Teil mit denen der Gegner

Auch wenn Gramling und Vogt mit ihrem Brief nicht in die Diskussion über die Alternativen „Energieerzeugung“ und „Müllentsorgung“ einsteigen wollen, deckt sich ihre Argumentation doch mit der des Gemeindeverwaltungsverbandes (GVV) Besigheim. Das Gremium der Kommunen Besigheim, Mundelsheim, Hessigheim, Walheim, Gemmrigheim, Freudental und Löchgau legte im September fest, es müssten nach dem Aus des Kohlekraftwerks in Walheim im Jahr 2023 dort weiter Versorgungsanlagen für Elektrizität entstehen. Diese klare Weichenstellung nimmt der Walheimer Gemeinderat nun zum Anlass, an diesem Donnerstag die Veränderungssperre möglicherweise zurückzunehmen. Bürgermeisterin Tatjana Scheerle ist sich sicher, dass es keine baurechtliche Grundlage mehr für eine Anlage gibt, wie sie der Energiekonzern plant. Ob sich damit ein Rechtsstreit mit der EnBW erübrigt, muss sich noch herausstellen.

Die EnBW hält offenbar an ihrem Vorhaben fest und hofft, mit ihrer Normenkontrollklage vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim am 15. November Erfolg zu haben. Der Konzern hatte immer auch den Status der Energiegewinnung mit einer Klärschlammverbrennung betont. So könnten umliegende Orte durch das Heizwerk mit Fernwärme versorgt werden. Ob das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart als Genehmigungsbehörde die Anlage bewilligen würde, hängt auch von deren Umweltverträglichkeit ab, die von der Bürgerinitiative (BI) „Bürger im Neckartal“ angezweifelt wird. Die Bedingungen für eine Prüfung werden am 26. Oktober bei einem sogenannten Scoping-Termin des RP festgelegt. Die EnBW will den Antrag bei der Behörde im Dezember einreichen. Den möglichen Wegfall der Veränderungssperre wollte das Unternehmen am Dienstag nicht kommentieren – und eine eventuelle Rücknahme der Normenkontrollklage ebenfalls nicht.

Der Stromkonzern – im Eigentum des Landes (46,75 Prozent) und neun Landkreisen in Oberschwaben (46,75 Prozent) – weist auf die Pflicht des Landes hin, Klärschlamm zu verwerten. Es würden längere Lastwagenfahrten vermieden. Den von Gramling und Vogt angeregten Ausbau der Kohle- zu Gaskraftwerken mit grünen Gasen strebe die EnBW an. Dies sei in Deizisau, Stuttgart-Münster und Heilbronn mit 1700 Megawatt geplant. Die Metropolregion Stuttgart könne damit von etwa 2025/2026 an ohne Kohlestrom auskommen. Walheim verfüge über keinen ausreichenden Gasanschluss. Eine Anlage zur Rückverstromung von Wasserstoffderivaten könnte erst von 2030 an entstehen. Die Fläche reiche aus, um auch Klärschlamm zu verbrennen.