Die Verwirrung um den Kauf der EnBW-Anteile wird immer größer. Die Landesregierung will Licht in die Affäre bringen.

Stuttgart - Als ginge es um einen Streit über Sandkastenförmchen: Die Électricité de France (EdF) hat ihre am Donnerstag verbreitete Erklärung zu Absprachen beim Verkauf ihrer EnBW-Aktien an das Land Baden-Württemberg kassiert und ist am Freitag zurückgerudert. Am Donnerstag war aus Paris verlautbart worden, die EdF habe nie verlangt, dass der Landtag in das Aktiengeschäft nicht eingebunden werde. Man habe zudem vom Käufer eine schriftliche Bestätigung, dass es nicht notwendig sei, das Parlament in dieser Frage zu konsultieren.

 

Das brachte den früheren CDU-Ministerpräsidenten Stefan Mappus schwer in Bedrängnis. Dieser hatte die Umgehung des Landtags damit begründet, dass die EdF keinen Parlamentsvorbehalt akzeptiert habe. Nach gestriger Lesart der EdF-Aussagen wäre das die Unwahrheit gewesen.

Auf die StZ-Anfrage an die EdF, wer denn der Unterzeichner der schriftlichen Bestätigung sei, kam aus Paris die knappe Stellungnahme, man habe einer Äußerung vom Frühjahr nichts mehr hinzuzufügen, wonach die EdF ein Angebot frei von Auflagen verlangt habe und "niemals eine andere als eine kartellrechtliche Bedingung bei dem Verkauf akzeptiert hätte".

"Der uns gebotene Preis war einfach zu attraktiv"

Wie es zu dieser Kehrtwende bei der EdF kam, bleibt offen. Mappus hatte am Donnerstag erklärt, im Gespräch mit EdF-Chef Henri Proglio habe ihm dieser seinerzeit gesagt, er akzeptiere keine aufschiebenden Bedingungen. Dazu habe auch ein Parlamentsvorbehalt gezählt. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa wies Mappus am Freitag den Vorwurf von Finanzminister Nils Schmid (SPD) zurück, er habe als Regierungschef gezielt die Verfassung gebrochen. "Ich sage ganz klar, ich halte diese Vorwürfe für ehrabschneidend", sagte Mappus. "Das, was ich in der Regierungserklärung am 15. Dezember gesagt habe, vor allem zum Parlamentsvorbehalt, ist eins zu eins genau so."

Baden-Württemberg hatte 46,5 Prozent der EnBW-Anteile von der EdF übernommen. Das Geschäft wurde unter strenger Geheimhaltung angebahnt. Der damalige Finanzminister Willi Stächele (CDU) machte mit dem ihm zustehenden Notbewilligungsrecht den Weg frei für einen Handel am Landtag vorbei. Dieses Vorgehen hat der Staatsgerichtshof vor zwei Wochen für verfassungswidrig erklärt; Stächele gab deshalb das Amt als Landtagspräsident auf.

Die EdF-Sprecherin ging nicht ein auf einen anderen, inzwischen wieder aus dem Blickfeld geratenen Aspekt. Das "Handelsblatt" hatte am Donnerstag berichtet, dass die EdF ihre EnBW-Anteile eigentlich gar nicht habe verkaufen wollen. "Aber der uns gebotene Preis war einfach zu attraktiv", wurde da ein EdF-Manager zitiert. Mappus hatte im Dezember argumentiert, dass die EdF ihre Aktien verkaufen wolle und das Land sie vor dem Zugriff ausländischer Investoren sichern müsse.

Unter Umständen doch ein Untersuchungsauschuss

Am 6. Dezember, dem Tag, an dem der Handel besiegelt wurde, hatte der EdF-Chef Proglio in einer Telefonkonferenz mit Börsenanalysten gesagt, der Konzern sei von Baden-Württemberg kontaktiert worden. "Sie haben das Geschäft aus politischen Gründen vorgeschlagen." Dabei sei ein Preis geboten worden, "der uns als richtige Bewertung unserer Anteile erschien".

Inzwischen forderte die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Landtag, Edith Sitzmann, alle an dem Geschäft Beteiligten auf, "die Karten auf den Tisch zu legen". Die Landesregierung hat angekündigt, die vorhandenen Akten zu sichten und dem Parlament einen Bericht dazu vorzulegen. "Wir erhoffen uns Aufklärung von dem Bericht der Landesregierung", sagte Sitzmann. "Wenn der Bericht der Landesregierung nicht alle offenen Fragen klären kann, muss das Thema Untersuchungsausschuss wieder auf die Tagesordnung."