Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) fühlt sich zu Unrecht „verfemt“ und klagt sowohl gegen seinen früheren Rechtsberater wie auch gegen den Landtag. Seiner Partei ist das alles gar nicht recht.

Stuttgart - So hat sich das Alexander Throm nicht vorgestellt. Der Obmann der CDU-Fraktion im Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal blickt zwar immer unbewegt und mit großem Ernst in die Welt hinein, doch jetzt blitzt Grimm aus seinen Augen. Er spricht von einem Strategiewechsel des vormaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus, und dass dieser sich „von der CDU losgelöst“ habe.

 

Strategiewechsel? Von der CDU losgelöst? Da muss etwas passiert sein in jenen Stunden, in denen sich erst Mappus (kurz und einprägsam, wie man es von ihm kennt), dann dessen Anwalt Bernd Schünemann (sehr umfänglich) geäußert hatten. Doch nicht der Rechtsprofessor, ein Großrhetor klassischer Schule mit der Neigung zum metaphorischen Overkill, beschäftigt den CDU-Abgeordneten Throm so nachhaltig; es ist Stefan Mappus. Denn der frühere Regierungschef kündigt an, er werde in der Auseinandersetzung über den EnBW-Deal aus dem Jahr 2010 „alles auf den Prüfstand stellen, egal wie lange es dauert und wie weit ich gehen muss“.

Mappus verlangt Schadenersatz von Gleiss Lutz

Diese Bekundung äußerster Entschlossenheit dröhnt den CDU-Mitgliedern noch beim Gang in die späte Mittagspause in den Ohren. Sie finden keinen Gefallen an der Vorstellung, dass Mappus sich auf den langen Marsch durch die Instanzen des Rechtssystems macht, und damit den EnBW-Deal mit seinen für die Christdemokraten unrühmlichen Umständen womöglich in den Landtagswahlkampf hineinträgt, der spätestens in einem Jahr seinen Anfang nehmen wird. All dies hat der CDU-Obmann Throm im Sinn, wenn er konsterniert konstatiert, dass Mappus „die politischen Auswirkungen seines Tuns egal sind“.

Dass es dem inzwischen 47-jährigen Ex-Ministerpräsidenten, der zu Beginn seiner Stellungnahme „Diplom-Ökonom“ als Beruf angibt, ernst ist mit seiner Ankündigung, zeigt sich darin, dass er seinen Worten bereits eine Tat vorangestellt hat.

Sein Anwalt Schünemann legt dem Ausschussvorsitzenden Klaus Herrmann die Kopie einer Klage vor, die Mappus am Donnerstag beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht hatte. Mappus will sich ein eigenes Fragerecht im Untersuchungsausschuss erkämpfen, welches ihm das Gremium bisher verweigert. Außerdem kündigt Anwalt Schünemann eine Klage beim Landgericht Stuttgart gegen die einst von Mappus gepriesene Kanzlei Gleiss Lutz an, die diesen beim Rückkauf der EnBW-Aktien vom französischen Energieriesen Electricité de France (EdF) beraten hatte. Mappus verlangt „Schadenersatz für sämtliche Schäden, die aus Beratungsfehlern entstanden sind oder noch entstehen“.

Der Ex-Premier macht geltend, dass das Übergehen des Parlaments beim Rückkauf der EnBW-Aktien auf die Zusicherung von Gleiss Lutz und dessen federführenden Anwalt Martin Schockenhoff zurückzuführen sei, der Deal könne über das Notbewilligungsrecht des Finanzministers (zu jener Zeit Willi Stächele, CDU) abgewickelt werden. Ein Tun, dass der Staatsgerichtshof später als verfassungswidrig tadelte. Damit aber nicht genug. Auch die Art und Weise der Kaufpreisfindung habe der juristischen Kontrolle von Gleiss Lutz unterlegen, postulieren Mappus und sein Anwalt Schünemann. Doch die Rechtsberater hätten nicht anklingen lassen, dass die für die Preisfindung zu Rate gezogenen Expertisen möglicherweise nicht der Landeshaushaltsordnung genügten. Das hatte der Landesrechnungshof später moniert. Die Kontrolleure vermissten eine ausreichende Wertermittlung für die EnBW. Anwalt Schünemann sagt, solche methodischen Unzulänglichkeiten seien in die Zuständigkeit von Gleiss Lutz gefallen. Die Landesregierung hält Mappus vor, 800 Millionen Euro zu viel für die Aktien bezahlt zu haben.

„Wie in Schauprozessen totalitärer Regime“

Allerdings bezeichnet Schünemann auch das Gutachten des Landesrechnungshofs als „flott formuliert“ und in seiner Bedeutung überschätzt. Schließlich betrachteten die Regierungen dieser Republik Rechnungshöfe doch auch in anderen Fällen als „Kleinigkeitskrämer“. Schünemann scheut auch nicht davor zurück, dem Landesrechnungshof im Fall Mappus eine „verkappte Machtusurpation“ vorzuwerfen, weil dieser sich über den politischen Willen hinwegsetze und sich Entscheidungsmacht anmaße, die ihm nicht zustehe. Inhaltlich liege der Rechnungshof ohnehin falsch, findet Anwalt Schünemann. Einen Widerspruch dieser Feststellung zur Klage gegen die Kanzlei Gleiss Lutz erkennt er nicht.

Mit dem Untersuchungsausschuss gehen Mappus wie auch Schünemann hart ins Gericht. Mappus sagt, er werde „auf eine Art und Weise verfemt“, die hinzunehmen er nicht länger bereit sei. Der Ausschuss sei zu einem politischen Kampfmittel verkommen. Schünemann fühlt sich an die „Schauprozesse totalitärer Regime“ erinnert und beklagt die „kriminelle Energie“, mit der vertrauliche Dokumente an die Presse weitergegeben würden. Er spricht von „Denunzianten“ im Ausschuss, von „catilinarischen Kreisen“, die einzig danach trachteten, Mappus zu diffamieren. Vor allem verstoße die „Verzwirnung“ des gegen Mappus laufenden staatsanwaltschaftlichen Untreueverfahrens mit dem Untersuchungsausschuss gegen dessen elementare Rechte, weil über den Ausschuss Dokumente in einseitiger Auswahl und tendenziöser Interpretation öffentlich gemacht würden.

Catilina war übrigens ein römischer Verschwörer. Ihm machte der Großrhetor und Großanwalt Cicero den Prozess.