Zu träge und zu selbstgefällig: Günther Oettinger diagnostiziert für Baden-Württemberg einen schleichenden Wohlstandsverlust. Die Verantwortung dafür erkennt der frühere Ministerpräsident und EU-Kommissar aber nicht so sehr in der Politik.
Wie ein kalter Luftzug streicht das Wort durch das Land: Deindustrialisierung. Selbst Ministerpräsident Winfried Kretschmann warnt in melancholischen Momenten davor, dass Baden-Württemberg nicht zum Ruhrgebiet des 21. Jahrhunderts werden dürfe. Inzwischen bettelt er in Brüssel um Fördergeld mit der Begründung, die EU dürfe nicht nur den strukturschwachen Gebieten unter die Arme greifen, es müsse auch den reichen Regionen helfen. So weit ist es gekommen. Vorbei ist es mit der Großspurigkeit, mit der einst die angeblich so bescheidenen Schwaben den Rest der Republik nervten. Zweifel nagen, Sorgen plagen. Im vergangenen November feierte die Forschungsfabrik zur Batteriezellenfertigung in Münster Richtfest. Dass diese nicht in Ulm errichtet wird, gilt als böses Omen. Musterländle ade?