„Entsetzt und ungläubig“ hat Ex-EnBW-Chef Gerhard Goll auf den EnBW-Deal reagiert. Er habe Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus immer geraten, weiter mit der EdF zu kooperieren.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Mit dem EnBW-Deal hat sich Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus offenbar über den ausdrücklichen Rat des früheren Konzernchefs Gerhard Goll (beide CDU) hinweggesetzt. Dieser hatte Mappus noch wenige Monate vor dem Überraschungscoup nachdrücklich empfohlen, weiter auf die Partnerschaft mit der Electricité de France (EdF) zu setzen. Entgegen dem Rat des Investmentbankers Dirk Notheis (CDU) hat Mappus Goll auch nicht vorab über den Aktienkauf unterrichtet. Entsprechende Informationen bestätigte Goll auf StZ-Anfrage.

 

Der frühere EnBW-Chef war in einer der Mails erwähnt, die die Investmentbank Morgan Stanley nachträglich dem Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal zur Verfügung gestellt hatte. Darin empfahl der Deutschland-Chef Notheis seinem Freund Mappus nach Medienberichten, vor dem Aktienkauf unbedingt den früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) und eben auch Goll zu informieren, ebenso wie den Koalitionspartner FDP. „Die müssen an Bord sein, ohne Wenn und Aber“, wird aus der E-Mail des Bankers zitiert.

„Zum Schaden der EnBW und des Landes“

„Weder von Mappus noch von Notheis habe ich auch nur die geringste Andeutung über den geplanten Deal erfahren“, teilte Goll nun der StZ mit. Hingegen sei er von Führungskräften der EdF „sehr vertraulich (. . .) mit der Bitte um Rat informiert“ worden. „Ich war entsetzt und ungläubig“, schildert Goll seine Reaktion. „Bis zum Schluss glaubte ich, dass der Deal unterbleibt, weil er meines Erachtens nicht nur eine große Dummheit wäre und der EnBW wie dem Land schaden würde.“ Er sei zudem überzeugt gewesen, „dass es ohne Parlament nicht geht, und habe dies meinen Gesprächspartnern auch versichert“. Zu seiner „großen Überraschung“ hätten zunächst alle Fraktionen im Landtag gejubelt, sagt Goll. „Die bewährte Regel ,erst denken, dann reden’ gilt wohl nicht mehr“, kommentierte er die anfängliche breite Zustimmung. Grüne und SPD hatten diese später revidiert, während CDU und FDP das Geschäft weiter verteidigten.

„Er wusste, dass ich den Deal nie billigen würde“

Mit Mappus hatte der 2003 ausgeschiedene EnBW-Chef nach eigenen Angaben bis September 2010 Kontakt, also etwa drei Monate vor dem Aktienkauf. „Aus den Gesprächen und Kontakten (. . .) wusste er, dass ich so einen Deal nie billigen würde“, betont Goll. „Ich war sehr dezidiert dafür eingetreten, dass an einer Zukunft für EnBW mit EdF und OEW (Oberschwäbische Elektrizitätswerke, die Red.) gearbeitet wird und dass sich in diesem Sinn der Ministerpräsident einbringt.“ Von den Kontakten mit Goll hat Mappus öffentlich bisher nicht berichtet. Dagegen hatte er versichert, er habe natürlich – wie von Notheis empfohlen – seinen Vorgänger Teufel informiert. Dieser sei mit dem Rückkauf der Aktien einverstanden gewesen, gab der Expremier zu verstehen. Unklar ist, ob die Information vor oder nach dem Abschluss des Kaufvertrages erfolgte.

Teufel war angeblich einverstanden

Für Teufel war der Rückkauf besonders schwierig, weil er einst – mit Unterstützung Golls – den Verkauf der Landesanteile der EnBW an die Franzosen betrieben hatte. Die 25,1 Prozent wechselten damals für 2,4 Milliarden Euro den Besitzer. Innerhalb der CDU hatte es gegen die EdF als künftigen Großaktionär massiven Widerstand gegeben, angeführt von dem damaligen Fraktionschef und heutigen EU-Kommissar Günther Oettinger; er konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Mappus’ Coup wurde nun als „später Sieg Oettingers“ gedeutet. Dem Vernehmen nach sieht der EU-Kommissar den Rückkauf kritisch, äußert sich aber nicht dazu. Mappus hatte im Dezember 2010 gesagt, der Verkauf der Aktien vor gut zehn Jahren sei ebenso richtig gewesen wie die Rückkehr der Anteile in den Landesbesitz.