20 Prozent sollen die Städte und Gemeinden laut einer Verordnung an Energie einsparen. Leinfelden-Echterdingen hat dies zur Hälfte geschafft, Filderstadt zu drei Viertel – beispielsweise mit der Absenkung der Raumtemperatur in öffentlichen Einrichtungen.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Öffentliche Proteste hat es nicht gegeben, als die Kommunen beschlossen haben, die Temperaturen in ihren Schwimm- und Turnhallen abzusenken im Herbst und Winter zwecks Energieeinsparung. Aber offensichtlich sind viele eben nicht gekommen, die sich dort sonst fit halten. Deshalb wurden diese Maßnahmen, welche die Bevölkerung als besonders einschneidend empfunden hat, inzwischen wieder zurückgenommen. Das sind vor allem die Raumtemperaturen in den Turnhallen und Schwimmbädern, das sind die Wassertemperaturen in den Schwimmbecken.

 

Energie wurde trotzdem eingespart. Leinfelden-Echterdingens Erster Bürgermeister Benjamin Dihm siedelt die Bemühungen seiner Kommune bei etwa zehn Prozent an, Filderstadts Oberbürgermeister Christoph Traub kommt in den Bereich von 15 bis 16 Prozent. Doch jenseits dieser statistischen Erhebung gilt: Die Bemühungen der vergangenen Monate sollen nicht umsonst gewesen sein. Viele Erhebungen und Untersuchungen werden fortgeführt, ebenso Maßnahmen, die zum Teil eh schon im Gange sind – etwa die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen.

Stecker raus und das Wasser bleibt kalt

Doch der Teufel steckt im Detail, Sparerfolge sind nicht immer gut darstellbar. Dihm hat da ein Beispiel parat: „Besonders effizient war das Abschalten der Warmwasser-Boiler: Stecker raus und schon gibt es kein warmes Wasser mehr“. Aber natürlich musste überprüft werden, ob sich alle daran halten. Und letztlich sei es auch ein Stück Verantwortungsbewusstsein, das alle an den Tag legen müssen, die in städtischen Liegenschaften arbeiten.

Temperaturen werden individuell verschieden empfunden

Denn die Diskussionen waren kontrovers: „Wir haben lange damit gerungen, welche Raumtemperaturen als verträglich bezeichnet werden können“, so Dihm: „Denn die Menschen sind ja individuell in ihrem Kälte- und Wärmeempfinden. Und dann macht es ja auch noch einen Unterschied, ob jemand den ganzen Tag ausschließlich am Schreibtisch verbringt oder ob er immer wieder mal raus muss ins Freie.“ Traub weist bei der Bewertung noch auf ein anderes Problem hin: „Auf was sollen sich denn die 20 Prozent beziehen? Auf die letzten beiden Coronajahre, als vieles nur sehr eingeschränkt geöffnet war? Oder auf die Zeit davor?“

Der Gebäudemix erschwert die Bewertung

So oder so: Beiden Kommunen ist nun deutlicher geworden, dass ihre Verwaltungen in einem Gebäudemix untergebracht sind, der in energetischer Hinsicht von passabel bis sehr sanierungsbedürftig reicht. Ein Negativbeispiel ist für Traub das Jugendzentrum. Da tröstet ihn der Umstand, dass der Neubau eigentlich beschlossene Sache ist. Aber es gebe andere Liegenschaften in einem energetisch beklagenswerten Zustand, für die solche Lösungen nicht im Raum stehen, etwa der alte Bahnhof oder das Alte Rathaus in Bernhausen, so Traub.

Verschiedene Interessen berücksichtigen

Falls es je zu einer Wiederauflage der Sparverordnung käme, müssten auch andere Parameter hinzugezogen werden: „Beim Schulschwimmen geht es ja darum, dass die Kinder überhaupt das Schwimmen lernen können. Und bei den anderen geht es um Gesundheitsvorsorge und Bewegung“, so Traub. „Da ist es ja nicht sinnvoll, die Leute mit zu niedrigen Temperaturen vom Schwimmbadbesuch abzuschrecken. Da muss man einen guten Mittelweg finden.“ Ähnliches gilt für die Beleuchtung im öffentlichen Raum: „Es gibt Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen“, so Traub. Doch sieht er Filderstadt auf einem guten Weg: „Die Austauschprogramme mit LEDs laufen nun schon viele Jahre.“ Traub ist sicher: „Das Thema Energiesparen ist angekommen, in der Verwaltung und in der Bevölkerung. Und das bleibt als Thema präsent, auch im nächsten Winter – ob mit oder ohne Verordnung.“

Später einschalten, früher ausschalten

Dihm macht noch auf einen anderen Aspekt aufmerksam: „Unsere Weihnachtsbeleuchtung haben wir schon auf LED umgestellt. Diese abzuschalten, hätte nur symbolische Bedeutung gehabt. Also haben wir sie angelassen.“ Bei besonderen Beleuchtungen wie jener der Stephanuskirche habe man sich auf die Formel geeinigt: Später ein-, früher ausschalten. Bei Ampeln komme es darauf an, an welcher Straße sie stehen. Schon bei Landesstraßen sind sie außerhalb der Zuständigkeit von Kommunen. Bei der Straßenbeleuchtung sei die Umstellung auf LED schon knapp zur Hälfte erfolgt. Dihm: „Wenn das etwas dauert, liegt das auch daran, dass dies mit Erdarbeiten verbunden ist. Und da müssen auch Kombinationsschaltungen berücksichtigt werden. Wenn man schon etwas neu macht, dann richtig.“ Ob Computer nach der Arbeit ausgeschaltet werden oder im Stand-by-Modus verbleiben: „Unsere Messungen haben da keinen Unterschied ergeben“, so Dihm. Er ist sich sicher: „Das Thema ist in der Bevölkerung angekommen. Und das bringt mehr als jede Verordnung.“

Die Verordnung zum Energie sparen und die Folgen

Regierung
Im September 2022 hat die Bundesregierung kurzfristig wirkende Energiesparmaßnahmen verkündet: In öffentlichen Arbeitsstätten gilt eine maximale Raumtemperatur von 19 Grad. Gebäude, Denkmäler und Werbeflächen dürfen zu bestimmten Zeiten nicht beleuchtet werden. „Um eine Notsituation bei der Energieversorgung über den Winter zu vermeiden, zählt jede eingesparte Kilowattstunde, egal ob von öffentlichen Einrichtungen, von Bürgern oder von der Wirtschaft“, begründete die Bundesregierung ihren Beschluss: „Es besteht weiterhin Bedarf zur Verringerung des Energieverbrauchs. Denn die früheren russischen Energielieferungen können noch nicht vollständig durch andere Lieferquellen und erneuerbare Energien ersetzt werden. Auch wenn die Gasspeicher aktuell gut gefüllt sind, ist eine Notsituation nicht vollständig auszuschließen.“

Kommunen
Die Städte und Gemeinden sollten ihren Energieverbrauch im Herbst und Winter um 20 Prozent verringern. Da waren sie unterschiedlich erfolgreich in ihren Bemühungen. Heute kann festgestellt werden: Es hat keine Energiemangel- oder gar Notlage gegeben. Und es wurde Energie gespart. Nach wie vor aber sind alle – einzelne Bürger wie Kommunen – dazu aufgefordert, genau zu prüfen, welches Licht in der Wohnung eingeschaltet sein muss, ob die gewohnte Raumtemperatur notwendig ist. Denn der nächste Herbst und Winter kommt bestimmt – und damit auch die Wiederauflage der Energiesparverordnung. Wobei heute noch offen ist, wie diese konkret ausgestaltet sein wird.