Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung ZSW feiert sein 25. jähriges Jubiläum. Im Interview mit der StZ: der ZSW-Chef Friethjof Staiß zu Fragen der Energieforschung und Energiewende.

Stuttgart - Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) feiert das 25. Jubiläum seiner Gründung. Der Leiter dieser gemeinnützigen Stiftung, Frithjof Staiß, macht sich aus diesem Anlass Gedanken über die Zukunft der Energieforschung – und über den Fortgang der Energiewende.

 
Herr Staiß, nach 25 Jahren Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung stellt sich die Frage, welchen Stellenwert solar erzeugter Wasserstoff heute hat?
Er ist nach wie vor das Synonym für eine nachhaltige Energieversorgung, die weitgehend – und in der Zukunftsperspektive auch vollständig – auf erneuerbaren Energien beruht. Denn letztlich sind auch Biomasse, Wasserkraft und Wind solar induzierte Ressourcen.
Sie fassen die Forschung heute also weiter?
Ja, so arbeiten wir zum Beispiel nicht nur im Bereich der Solarenergie, sondern auch der Biomasse-Konversion. Zudem erforschen wir den Einsatz von Wasserstoff für die Mobilität und die Energiespeicherung. Oder Derivate davon – insbesondere Methan aus Wasserstoff und Biomasse, das im Zuge des Power-to-Gas-Konzepts synthetisiert wird. So können wir die erneuerbaren Energien besser mit dem Bedarf in Einklang bringen.
Die Industrie hat kürzlich eine neue Initiative zum Bau von Wasserstofftankstellen für Brennstoffzellen-Fahrzeuge angekündigt. Wie sehen Sie die Chancen – das ist doch recht teuer . . .
aber eine lohnende Investition in die Zukunft. Hocheffiziente Brennstoffzellen-Fahrzeuge kommen in den nächsten Jahren auf den Markt. Und bis dahin muss eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden. Dazu ist auch der politische Wille vorhanden.
Sie haben gerade Methan erwähnt: Wäre es nicht sinnvoller, diesen viel leichter zu handhabenden Brennstoff zu nutzen?
Wasserstoff muss zunächst in Methan umgewandelt werden – und das kostet Energie. Und wenn man das Methan für Brennstoffzellenfahrzeuge wieder in Wasserstoff zurückverwandelt, entstehen weitere Verluste. Der Methan-Pfad eignet sich deshalb besonders für die CO2-neutrale Mobilität mit Erdgas-Fahrzeugen, die Sie heute bereits kaufen können.
Und wie steht es mit der Batterieforschung?
Die Lithiumionenbatterien waren am ZSW von Beginn an Gegenstand der Forschung. Wir verfügen hier über eine sehr lange Erfahrung und haben viele Grundlagen gelegt. Am ZSW in Ulm bauen wir gerade mit Unterstützung von Bund und Land eine Forschungs-Produktionslinie auf. Dort werden wir gemeinsam mit der Industrie sowohl Materialien als auch Herstellungsprozesse seriennah optimieren. Das ist von großer Bedeutung, wenn man die Schlüsseltechnologie künftiger Antriebe nicht nur aus Asien importieren, sondern die Wertschöpfung und Kompetenz im Automobilland Deutschland etablieren will.
Deutschland hat ja auf diesem Gebiet eine technologische Aufholjagd gestartet. Wie erfolgreich ist die?
Ich denke, wir sind inzwischen sehr gut – auch wenn man nicht verkennen darf, dass in Asien eine sehr starke Batterieindustrie geschaffen wurde. Aber technologisch arbeiten wir auf Augenhöhe. Jetzt geht es darum, nicht nur die technische Entwicklung weiterzutreiben, sondern auch in Produkte Made in Germany – und vor allem Made in Baden-Württemberg – zu transferieren. Dahinter steckt viel Engagement. Somit gehe ich davon aus, dass wir in zwei Jahren nennenswerte Ergebnisse außerhalb des Labors vorweisen können.
Das ZSW ist ja auch in der Politikberatung tätig. Wie geht es denn mit dem Einspeisungsgesetz für Strom aus erneuerbaren Energien weiter?
Das Thema eröffnet derzeit einen breiten Spekulationsraum. Es gibt viele Vorschläge – von Quotenmodellen bis hin zur direkten Vermarktung von regenerativem Strom. Jedes dieser Modelle hat seine Vor- und Nachteile. Ich glaube, dass wir die Energiewende im Strombereich stemmen können, ohne dass dies nennenswert teurer wird. Denn mit Ausnahme der Offshore-Windenergienutzung haben wir für alle anderen Technologien das Kostenmaximum praktisch schon erreicht.
Und wie steht es insgesamt um die Zukunft der Energiewende?
Das hängt sehr stark von der Zusammensetzung der neuen Bundesregierung ab. Generell bin ich aber der Meinung, dass wir in der öffentlichen Debatte viel zu sehr versuchen, Risiken zu minimieren – und wir vergessen dabei allzu oft, die Chancen zu maximieren. Und Chancen gibt es unglaublich viele. Wenn Sie mit der Industrie sprechen, ist allen klar, dass die Energiewende ein Innovationstreiber par excellence ist – speziell für Baden-Württemberg. Nehmen Sie nur die angesprochen Beispiele: Batteriefahrzeuge, Brennstoffzellenfahrzeuge oder regeneratives Methan für Verbrennungsmotoren. Diese und viele andere Chancen für Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze in der heimischen Wirtschaft sollten wir in der Debatte um die Energiewende viel stärker in den Vordergrund rücken.