Beim Jahrhundertprojekt Energiewende sind die Akteure in Politik, Industrie, Energiewirtschaft und Verbänden endgültig bei den Mühen der Ebene angelangt. Beim Energiegipfel wurde vor allem die gute Atmosphäre gelobt, wie Bärbel Krauß aus Berlin berichtet.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Beim Jahrhundertprojekt Energiewende sind die Akteure in Politik, Industrie, Energiewirtschaft und Verbänden endgültig bei den Mühen der Ebene angelangt. Einen Vorgeschmack davon, in welchen Mini-Etappen sich der Fortschritt auf diesem Feld vollzieht, haben inzwischen alle Beteiligten. So ist zu erklären, wieso die Pressekonferenz nach dem gestrigen Spitzentreffen im Kanzleramt ziemlich mager ausfiel. Ein konkretes Ergebnis – in welcher Detailfrage auch immer – hatte die Bundeskanzlerin am Ende nicht zu verkünden.

 

Um nicht ganz ohne Ergebnis dazustehen, bastelte sich Angela Merkel aus einigen Selbstverständlichkeiten wenigstens einen kleinen Erfolg zurecht. „Wir haben unsere Arbeitsstruktur gefunden“, sagte sie nach dem Treffen und kündigte an, Gesprächsrunden wie gestern, als erstmals Vertreter von Industrie, Energiewirtschaft und Ökoverbänden gemeinsam mit der Regierung zusammentrafen, im Jahresrhythmus wiederholen zu wollen. Hinzu sollen jährlich zwei Bund-Länder-Gipfel mit den Ministerpräsidenten der Länder sowie diverse Dialogplattformen der beteiligten Fachministerien kommen.

Stromfressende Betriebe sollen weiter entlastet werden

Damit sind die Befürworter eines zentralen Managements und einer Clearing-Stelle für die Energiewende sicher nicht zufrieden. Aber nachdem das gestrige Treffen als atmosphärisch ausgesprochen konstruktiv beschrieben wurde, schöpften sie Hoffnung, dass vielleicht doch noch eine zentrale Anlaufstelle für Konflikte bei der Umsetzung des energiepolitischen Großvorhabens durchgesetzt werden kann.

Nachdem die Regelungen über die Netzentgelte am Mittwoch gleich von zwei Seiten unter Druck geraten sind, ließ die Bundesregierung nun erkennen, dass sie die Problematik schnell vom Tisch bringen will. Die Kanzlerin verwies darauf, dass an einer Neufassung der Verordnung bereits gearbeitet werde. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) kündigte an, die novellierte Verordnung noch im Sommer vorlegen zu wollen. Wie bereits berichtet hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Befreiung besonders stromintensiver Unternehmen von den Netzkosten für nichtig erklärt. Die EU-Kommission prüft zudem inzwischen, ob es sich dabei um eine unerlaubte staatliche Beihilfe handelt.

Dem Vernehmen nach will die Regierung energieintensiven Unternehmen künftig keine komplette Befreiung von den Netzentgelten mehr gewähren. Allerdings sollen Betriebe, die viel Strom verbrauchen, weiterhin stark entlastet werden. Sie sollen nur zehn bis 20 Prozent der Netzkosten tragen. Die Bundesnetzagentur prüft nach Angaben Röslers außerdem, ob gegen das Urteil Revision eingelegt wird.

Altmaier will 700 Millionen Euro beim Strompreis sparen

Die Bürger zahlen die Netzentgelt-Befreiung sowie Rabatte über ihren Strompreis mit. Bei einem Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden verursachte dieser Posten Mehrkosten von 11,50 Euro im vergangenen Jahr. Insgesamt summierten sich die Kosten für Rabatte und Freistellungen bei den Netzentgelten auf 400 Millionen Euro. Für 2013 wurde eine Gesamtsumme von 800 Millionen Euro erwartet. Gemessen an den Kosten für die Befreiung von der EEG-Umlage kommen die Privilegien bei den Netzentgelten die Verbraucher vergleichsweise günstig. Die Kosten für die Ausnahmeregeln bei der EEG-Umlage werden auf 3,5 Milliarden Euro beziffert.

Am 21. März gehen die Verhandlungen über die Energiewende weiter. Dann sitzt Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder zusammen. Auf dem Tisch liegen dann die Vorschläge zur Beschränkung des Strompreisanstiegs, auf die sich Umweltminister Peter Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler verständigt haben. Altmaier hat für diese Verhandlungen ein Sparziel von 700 Millionen Euro genannt.