Die Stromrebellen aus dem Schwarzwald sind beim Vertrieb Partner der Stadtwerke Stuttgart – dennoch werfen sie nun der Stadt Fehler bei der Vergabe von Strom- und Gaskonzession an die Stadtwerke und die EnBW vor.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Vor vier Wochen hat der Gemeinderat die Strom- und Gaskonzession für 20 Jahre an die Stadtwerke Stuttgart und die Energie Baden-Württemberg (EnBW) vergeben – doch nun strengt einer der unterlegenen Bewerber, die Elektrizitätswerke Schönau (EWS), beim Bundeskartellamt ein Missbrauchsverfahren gegen die Entscheidung an. Das ist zumindest auf den ersten Blick doppelt überraschend. Denn erstens möchten die EWS die Konzessionen selbst gar nicht mehr haben. Und zweitens greifen die EWS nun die Stadt an, obwohl sie beim Stromvertrieb ein Partner Stuttgarts sind, konkret der Stadtwerke, einer hundertprozentigen städtischen Tochter.

 

Ursula Sladek, Vorstand der Netzkauf EWS und Mitbegründerin des Unternehmens, begründet den Vorstoß beim Kartellamt damit, dass man Zweifel habe, ob das Verfahren sauber und diskriminierungsfrei durchgeführt worden sei. Eine von der EWS beauftragte Kanzlei sei auf eine ganze Ansammlung von Punkten gekommen, die geprüft werden müssten. So seien die Strom- und Gaskonzessionen an ein Unternehmen gegangen, das sich gar nicht beworben habe: an den Kooperationsbetrieb von Stadtwerken und EnBW, die aber nur einzeln Angebot abgegeben hätten.

EWS würde sich beim zweiten Verfahren nicht mehr bewerben

Daneben hätten der zweite Verfahrensbrief im vergangenen Jahr und auch Zeitungsartikel den Verdacht erweckt, es habe eine Vorfestlegung stattgefunden. „Wir wollen aus grundsätzlichen Erwägungen heraus prüfen lassen, ob alles sauber gelaufen ist“, sagt Ursula Sladek.

Sollte am Ende der Prüfung das Verfahren wiederholt werden müssen, so würden sich die EWS aber gar nicht mehr bewerben, betont Sladek weiter – es gehe ihnen nicht um das eigene Interesse. Vielmehr sei die EWS der Meinung, dass die Stadtwerke Stuttgart das beste Angebot abgeben hätten und die Konzessionen hätten alleine bekommen müssen: „Wir handeln im Interesse der Stuttgarter Bürger.“

Kay Weidner, der Sprecher des Bundeskartellamtes in Bonn, bestätigte den Eingang der Beschwerde; er könne sich inhaltlich aber noch nicht dazu äußern. Grundsätzlich habe das Amt die Möglichkeit, einzelne Verfahren aufzugreifen; es könne Beschwerden aber auch ablehnen. Im Fall von Stuttgart war das Bundeskartellamt von Beginn an in das Konzessionsverfahren eingebunden; insofern muss man davon ausgehen, dass die Behörde bisher keine Anhaltspunkte für ein fehlerhaftes Vorgehen gesehen hat.

In jedem Fall kann ein unterlegener Bewerber ein Gericht anrufen. Ob die EWS so weit gehen würden, habe man noch nicht erörtert, sagt Ursula Sladek. Man werde aber wichtige Fragen an das Kartellamt stellen, falls ihre Beschwerde nicht weiterverfolgt werden sollte.

Mit der Stadt Stuttgart könnte es Ärger geben

Pikant ist dieser Vorstoß der EWS deshalb, weil das Unternehmen beim Strom- und Gasvertrieb in Stuttgart eine Kooperation mit den Stadtwerken Stuttgart eingegangen ist – nun wollen die EWS einerseits den Partner Stadtwerke befördern mit der Beschwerde, bereiten aber andererseits der Stadt Stuttgart Ärger. Um letzterem ein wenig vorzubeugen, haben die EWS OB Fritz Kuhn die Beschwerde per Brief angekündigt. Sie hoffe, dass Stuttgart diese Angelegenheit professionell sehen könne, sagt Ursula Sladek. „Man sehe das vorerst gelassen“, meinte Andreas Scharf, der Sprecher des OB. Zur Sache könne man noch nichts sagen.

Gemutmaßt wird, ob die EWS mit der Beschwerde vielleicht interner Kritik vorbeugen wollen. Denn nun sitzen die EWS doch, wenn auch nur sehr indirekt, über die Stadtwerke mit der EnBW gemeinsam in einem Verbund. Dabei war es bisher ein Grundsatz der EWS, keine gemeinsame Sache mit einem Atomkraftkonzern zu machen.

Die Stadtwerke Stuttgart sahen sich am Freitag ebenfalls nicht in der Lage, die Beschwerde zu bewerten. Es habe in dieser Sache keinerlei Kontakte zwischen EWS und Stadtwerken gegeben. „Die Beschwerde hat keine Auswirkungen auf die bestehende Vertriebskooperation mit den EWS für Ökostrom und Bio-Erdgas“, betonte ein Sprecher der Stadtwerke.