Jahrelang galt sie als Kostentreiber: Die Abgabe für die Subventionierung von Ökostrom. Nun geht sie das zweite Jahr in Folge zurück – und Elektrizität wird trotzdem teurer.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Trotz einer sinkenden Beteiligung an den Kosten der Energiewende müssen Verbraucher mit steigenden Strompreisen rechnen. „Energieversorger müssen seit einiger Zeit deutlich mehr für den Einkauf von Strom auf dem Großhandelsmarkt bezahlen“, erklärt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Steigen dürften auch die Gebühren für die Nutzung der Stromnetze. Sie werden am diesem Montag für 2019 festgelegt – genau wie die EEG-Umlage für die Förderung erneuerbarer Energien.

 

Wie könnten die Tarife künftig aussehen?

Da halten sich die Versorger noch bedeckt. EnBW, Eon, Vattenfall, Innogy (vormals RWE) und die Stadtwerke Stuttgart erklärten auf Anfrage unserer Zeitung, eine Prognose sei derzeit noch nicht möglich.

Wie setzt sich der Strompreis zusammen?

2018 liegt der Strompreis für Privathaushalte laut BDEW bei durchschnittlich 29,4 Cent pro Kilowattstunde. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf Steuern, Abgaben und Umlagen. Dazu gehört die EEG-Umlage von aktuell 6,8 Cent pro Kilowattstunde. Für 2019 wird ein Rückgang erwartet, die Prognosen reichen von 6,4 bis 6,6 Cent. Die zeitgleich erwartete Anhebung der Netzentgelte um rund fünf Prozent aber „würde die Entlastung durch die EEG-Umlage aufheben“, erläutern die Energie-Experten des Vergleichsportals Check 24. Da außerdem die Großhandelspreise für Strom in die Höhe schießen, ist unter dem Strich mit einer Verteuerung zu rechnen.

Was treibt den Großhandelspreis?

An der Leipziger Strombörse EEX haben die Preise kräftig zugelegt. Während der Durchschnittspreis für Terminkontrakte mit einem Jahr Lieferfrist 2017 noch bei 41 Euro lag, ergibt sich für die ersten neun Monate dieses Jahres ein Mittelwert von 51 Euro. Das hat mehrere Ursachen: Die Brennstoffe, mit denen Strom erzeugt wird – Erdgas und Kohle – haben sich verteuert. Dasselbe gilt für die von den Kraftwerken benötigten Emissionsrechte: Für jede Tonne Kohlendioxid, die sie in die Luft blasen, müssen sie ein CO2-Zertifikat vorlegen. Für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist die Verteuerung der Zertifikate ein Vorteil, weil bei der Erzeugung von Solar-, Wind- oder Wasserkraft kein CO2 entsteht.

Warum zahlt der Endkunde immer drauf?

Obwohl die Börsenpreise schwanken, haben sich die Verbraucherpreise seit der Jahrtausendwende verdoppelt. Den Vorwurf, sinkende Einkaufspreise würden nicht an die Kunden weitergegeben, weist der BDEW indes zurück: Der Rückgang der Beschaffungskosten in den Jahren 2010 bis 2017 sei durch höhere Steuern und Abgaben zunichtegemacht worden. Tatsächlich ist in dieser Zeit vor allem die EEG-Umlage kräftig gestiegen, von zwei auf 6,9 Cent im Jahr 2017.

Wie erklärt sich diese Entwicklung?

Die EEG-Umlage ist stärker gestiegen als die Menge an Ökostrom. Das liegt an einer Wechselwirkung mit dem Börsenpreis. Der Strom, den Betreiber von Wind-, Solar-, Wasserkraft- oder Biogasanlagen nicht selbst verbauchen, wird größtenteils an der Börse verkauft. Je geringer der Preis, desto größer ist die Differenz zu der politisch festgelegten Mindestvergütung für Ökostrom. Diese Differenz wird über die EEG-Umlage erstattet. Bei sinkenden Börsenpreisen steigt die Umlage also. Umgekehrt wurde der nun erwartete zweite Rückgang der EEG-Umlage infolge wohl maßgeblich durch den Anstieg der Börsenpreise verursacht.

Wie kann die Teuerung gestoppt werden?

Der BDEW und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderten vergangene Woche eine Senkung der Stromsteuer. Sie beträgt allerdings nur zwei Cent je Kilowattstunde. Eine Senkung sei nicht geplant, teilte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage mit. Die Energie-Expertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung fordert eine Entlastung der Verbraucher durch eine stärkere Beteiligung der Industrie an der EEG-Umlage. Mehr als 2000 Unternehmen profitieren von einer Ermäßigung, was die Rechnung für die Privathaushalte in die Höhe treibt. Kemfert empfiehlt außerdem, die Netzentgelte stärker in den Blick zu nehmen: „Die hohen Netzentgelte sind mittlerweile ein wesentlicher Faktor der Stromrechnung. Sie sichern den Netzbetreibern traumhafte Renditen.“

Laut BDEW beliefen sich die Netzentgelte einschließlich der Kosten für Abrechnung und Stromzähler zuletzt auf durchschnittlich 7,3 Cent pro Kilowattstunde. Der seit 2010 zu beobachtende Anstieg sei auch fragwürdigen Planungen für den Netzausbau geschuldet, sagt Energie-Expertin Kemfert. „Die alleinige Fokussierung auf den zusätzlichen Ausbau der Stromtrassen ist kontraproduktiv. Man sollte die Planung auf eine dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energien ausrichten.“