Die Hängepartie bei der Reform des Erneuerbare-Energie-Gesetzes ist beendet. Bund und Länder haben sich auf ein Paket verständigt, um den Kostenanstieg der Ökostrom-Umlage zu bremsen und Investitionen planbarer zu machen. Die Kanzlerin dämpft allerdings Hoffnungen auf sinkende Strompreise.

Berlin – Schon allein die Dauer des Treffens zeigt, wie schwierig die Gespräche sind. Fast vier Stunden lang haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten am Dienstag über die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) diskutiert. Die zähen Verhandlungen scheinen sich gelohnt zu haben. Nach dem Gespräch sagte Merkel, es sei ein hohes Maß an Einigkeit erzielt worden. Bund und Länder seien entschlossen, die Kostendynamik des EEG zu begrenzen. Einig sei sich die Runde auch darüber gewesen, dass ein verlässlicher Ausbaupfad bei den erneuerbaren Energien angestrebt wird. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hob hervor, es sei gelungen, die Kosten für die EEG-Umlage zu stabilisieren, ohne die Energiewende auszubremsen.

 

Kompromisse zeichnen sich bei der Windkraft und beim Biogas ab. Die Länder pochen darauf, dass der Ausbau der Windkraft weniger stark begrenzt wird. In diesem Punkt kommt der Bund den Ländern entgegen. Die Windkraft an Land soll zwar wie vorgesehen auf ein Ausbauziel von 2500 Megawatt jährlich begrenzt werden. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geht gleichzeitig aber auf den Wunsch der Länder ein, dass neue, leistungsstarke Windräder nicht auf die Obergrenze angerechnet werden. Dieses so genannte Repowering erlaubt es den Windkraftbetreibern, ihren Anlagepark zu modernisieren, ohne dass dies auf die Obergrenzen Einfluss hat.

Die EU-Kommission hat ein entscheidendes Wörtchen mitzureden

Auch bei der Förderung von Biogas soll ein Kompromiss angestrebt werden. Im Gegenzug verpflichten sich die Länder, die von der Regierung vorgegebenen Ausbauziele zu akzeptieren. Hart bleibt der Bund bei der Stichtagsregelung etwa für neue Windkraftanlagen. Die alten Fördersätze gelten nur für Anlagen, die bis zum 22. Januar 2014 genehmigt worden sind. Die Länder versuchen nach wie vor, einen späteren Stichtag ins Gesetz zu schreiben. Trotz der grundlegenden Verständigung dürfte es noch Debatten über Einzelheiten geben.

Schwierig sind die Gespräche auch, weil die EU-Kommission ein entscheidendes Wörtchen mitzureden hat. Gegen Deutschland läuft ein Beihilfeverfahren wegen der Ökostromrabatte für energieintensive Unternehmen. Berlin hofft auf einen Kompromiss mit Brüssel. Am Mittwoch will Gabriel mit Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia erneut sprechen. Kommenden Dienstag wird dann das Bundeskabinett die EEG-Reform auf den Weg bringen. Am Tag darauf will Brüssel die Leitlinien zu Energie- und Umweltbeihilfen beschließen. Das hat wiederum Rückwirkungen auf die deutsche Gesetzgebung.

„Wir können keine sinkenden Strompreise versprechen“

Weil bei der EEG-Reform alle Beteiligten vor allem auf ihre Belange achten, gerät das Ziel des Gesetzes leicht aus dem Blick. Die Regierung will mit der Reform den starken Kostenanstieg bei der EEG-Umlage bremsen. 23 Milliarden Euro müssen Verbraucher, Mittelstand und Handwerk für die Umlage jährlich berappen. Die Kosten sollen sich nicht weiter erhöhen.

Offen ist, wie stark die Einsparungen durch die geplante EEG-Reform sind. Die Kanzlerin dämpfte inzwischen die Erwartungen. „Wir können keine sinkenden Strompreise versprechen“, sagte Merkel. Weil die Regierung wegen des Drucks aus Ländern und Wirtschaftsverbänden Einschnitte wieder abmilderte, könnte der Spareffekt am Ende geringer ausfallen. Wie stark die Zugeständnisse an Länder und Unternehmen zu Buche schlagen, muss noch genau berechnet werden.

Umstritten ist außerdem, in welchem Maß die Ökostromrabatte für die Industrie gekappt werden. Es zeichnet sich inzwischen ab, dass die Privilegien für die Industrie in geringem Umfang angetastet werden. Bisher belaufen sich die EEG-Rabatte für energieintensive Unternehmen auf fünf Milliarden Euro jährlich. Gabriel wollte die Privilegien ursprünglich um eine Milliarde Euro jährlich kappen. Profitieren sollten davon die privaten Verbraucher und der Mittelstand, die nicht von der EEG-Umlage befreit sind. Diese Einspareffekte sind inzwischen jedoch fraglich. Gabriel signalisierte inzwischen auch, dass er dem Drängen von Ländern und Konzernen nachgibt und ein großer Teil des selbst produzierten Stroms weiter von der EEG-Umlage ausgenommen bleibt.