Deutschland ist in der Energiepolitik für China kein Vorbild. Denn für einen Atomausstieg sind die Probleme im Reich der Mitte zu groß, kommentiert der StZ-China-Korrespondent Finn Mayer-Kuckuk.

Peking - China wird Dutzende neuer Kernreaktoren bauen – und daran wird sich nichts ändern. Denn die Argumente dafür sind rational und ergeben sich aus harten Zahlen: Eine Umstellung der Energiesysteme bei gleichzeitiger Armutsbekämpfung klappt nur bei maximalem Ausbau der erneuerbaren Energiequellen – plus Kernkraft. Allein in den kommenden zehn Jahren sollen etwa so viele Meiler ans Netz gehen, wie in Deutschland je kommerziell betrieben wurden. Das klingt für viele erschreckend, doch gute Ratschläge werden China nicht davon abbringen.

 

Chinas Großstädte versinken im Smog. Wenn der Klimawandel richtig einsetzt, versinken zudem die Küstenstädte im Meer und die wüstennahen Städte im Sand. Dass China in Paris nicht mehr als Blockierer auftritt, sondern ernsthaft verspricht, sich von Kohle zu lösen, liegt an diesen Realitäten. Deutschland gehört zudem mit der Abkehr von der Kernkraft zu den weltweiten Ausnahmen. Die Führung in Peking ist überzeugt, mit neuer Technik und strengen Auflagen einen Unfall verhindern zu können. In dieser Lage ist der Gedanke eines atomfreien China illusorisch. Es bleibt nur, sich damit abzufinden – und zu hoffen, dass die regierenden Kommunisten Wege finden, um trotz Klüngel und Einparteienstaat eine funktionierende Aufsicht über die Betreiber zu realisieren.