Sich bei Vereinen duschen, um daheim Geld zu sparen? Laut dem Vorsitzenden des Freiburger Kreises soll es das geben. Wir haben bei Vereinen in der Region Stuttgart nachgefragt.

Alles wird teurer. Viele Menschen entwickeln ungewöhnliche Strategien, um ihre Kosten daheim zu drücken. Den Begriff „Duschtourismus“ hat vor einigen Wochen der Vorsitzende des Freiburger Kreises, Boris Schmidt, in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geprägt. Der Freiburger Kreis ist, so liest man es online, eine Arbeitsgemeinschaft größerer deutscher Sportvereine mit mehr als 180 Mitgliedsvereinen. Boris Schmidt wird im Interview, in dem es auch um Energiekosten und abgestelltes Warmwasser bei Vereinen geht, so zitiert: „In meinem Verein, der TSG Bergedorf, ist es hingegen zu einem regelrechten Duschtourismus ausgeartet. Manche Leute kommen nur noch zum Duschen statt zum Sport, um privat Kosten zu sparen.“

 

Keine Duschbesucher auf der Waldau

Sich auswärts waschen, um daheim zu sparen, gibt es das Phänomen auch hier? „Wir sind Schwaben, da denken vielleicht doch manche an solche Sachen“, sagt Renatus Dierberger, der Sprecher der IG Waldau, lachend, doch – Spaß beiseite – ginge die Rechnung mit Spritkosten und Aufwand nicht auf. Aus den Vereinen, die auf Stuttgarts zweitgrößten Sportareal beheimatet sind, habe er jedenfalls nichts von Duschbesuchen übers normale Training hinaus gehört, „mancher ist vielleicht auch etwas vorsichtiger wegen Corona“, gibt Renatus Dierberger zu denken.

Beim TSV Bernhausen kann Jutta Wahl aus der Geschäftsstelle auch nicht von „formiertem Duschen“ berichten. Im Gegenteil: „Eigentlich sind wir diejenigen, die drauf bestehen, dass geduscht wird.“ Nach Spielen werde gerade bei Jugendlichen drauf geachtet, dass sie nicht ohne Dusche den Heimweg antreten. Das sei hygienischer, und „es gehört in unserer Philosophie zum Abschluss im Mannschaftssport“. Dass manche Sportclubs ihr Warmwasser abgedreht haben, kann sie bestätigen, „die rufen uns dann im Vorfeld an“, beim TSV Bernhausen sei diese Sparmaßnahme indes kein Thema. „Bei uns in Filderstadt duscht man nach wie vor warm“, stellt Jutta Wahl klar.

Keine Meldungen zu Fremdduschern

Achselzucken auch in den Geschäftsstellen des TSV Leinfelden und des TV Nellingen. Nadine Reich ist in Ostfildern nichts von einem Duschtourismus zu Ohren gekommen, aber „es ist nicht auszuschließen, dass Einzelne das tun“. Beide Vereine nutzen städtische Anlagen. In Leinfelden-Echterdingen etwa könne man gar nicht rein, ohne auch am Sportprogramm teilzunehmen, erklärt Stefanie Zuber. Das Wasser sei nach einer kurzen Kalt-Pause in den Sommerferien wieder warm, Meldungen über Fremdduscher habe sie aber weder aus den Abteilung noch von der Stadt oder vom Hausmeister erhalten.

Warmes Wasser kommt auch aus den Leitungen in der Kleinturnhalle der Sportvereinigung Esslingen. Der Verbrauch dort ist laut Daniela Biet aus der Geschäftsstelle allerdings nicht gestiegen. „Es ist eher so, dass die Wenigsten hier duschen“, die Mitglieder gingen nach dem Sport lieber in ihr heimisches Bad. „Unsere Anlagen sind schon etwas ältlich“, erklärt sie.

Allerdings: Die hohen Energiekosten sind im Ehrenamt durchaus ein Thema. „Das wird uns Vereinen letztlich mächtig treffen, wenn wir da nicht sparen können“, sagt etwa Renatus Dierberger. Die Stadt Stuttgart hat auf der Waldau bereits reagiert. Die neue Sporthalle ist mit einem öffentlichen Umkleide- und Dusch-Bereich ausgestattet, der ist laut der Sprecherin Jana Steinbeck allerdings bisher noch nicht zugänglich. Die Gründe seien die Pandemie sowie bauliche Nachbesserungen gewesen, und „aktuell sind die Umkleiden aus Energiespargründen geschlossen“.