Auf einer Tagung in Stuttgart haben sich Experten mit den Energiespeichern befasst, gegen die mancherorts demonstriert wird. Ihrer Ansicht nach werden sie für die Energiewende gebraucht, allerdings sollten sie auch akzeptiert werden.

Stuttgart - Baden-Württemberg hat die Bedeutung der Stromspeicher für die Energiewende erkannt: „Seit 2012 haben wir hier einen neuen Forschungsschwerpunkt, der mit insgesamt rund sechs Millionen Euro ausgestattet ist“, berichtete Helmfried Meinel, Ministerialdirektor im hiesigen Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, auf dem dritten Stuttgarter Energiespeichersymposium. Insgesamt seien bisher 13 Projekte gestartet. Die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) organisierte Tagung an der Universität Stuttgart in Vaihingen stand dieses Mal unter dem Motto „Von der Forschung in den Markt“.

 

Eben darum geht es auch dem Umweltministerium mit der im vergangenen Herbst durchgeführten zweiten Ausschreibungsrunde des Forschungsschwerpunkts: So werden nun unter anderem Möglichkeiten zum Betreiben von Stromspeichern, Bürger-Energiegenossenschaften, energieautarke Regionen und kommunale Energieverbundsysteme gefördert. Wichtig ist dem Umweltministerium, dass neben technisch-naturwissenschaftlichen Fragestellungen künftig verstärkt auch gesellschafts- und kulturwissenschaftliche Aspekte bearbeitet werden.

Die standen auch auf der Agenda des diesjährigen Stuttgarter Speichersymposiums. Uwe Pfennig, am DLR-Institut für Technische Thermodynamik für Systemanalyse und Technikbewertung zuständig, befasst sich mit Sinn- und Akzeptanzfragen zu Energiespeichern. Dabei machte er deutlich, dass es schon in der Vergangenheit Energiewenden gab: so in den 60er und 70er Jahren von der Kohle zu Öl und in den 70er bis 90er Jahren von Öl zur Atomkraft. Doch dabei sei nur die Form der Energiequelle gewechselt worden, nicht aber die „Systemarchitektur“.

Viele Speicher lassen sich nicht rentabel betreiben

Zudem hätten Speicher bisher keine große technische Funktion gehabt – schließlich sei dank der Grundlastkraftwerke stets genügend Kohle- und Atomstrom vorhanden gewesen. Nun aber erfordere die Integration der erneuerbaren Energien einen gesellschaftlichen Paradigmenwechsel. Dazu gehörten auch Energiespeicher als „integrales Systemelement“ – samt der erforderlichen sozialen Akzeptanz und der nötigen Investitionen.

Nur gerade da hapere es: „Jeder will Speicher haben, aber keiner will dafür bezahlen“, stellt Pfennig fest. Bisher sind Pumpspeicherkraftwerke sozusagen eingepreist und im Stromverteilungssystem integriert gewesen: Man konnte gutes Geld damit verdienen, wenn nachmittags und abends kurzfristig viel Energie gebraucht wurde und die Betreiber dann ihren Strom aus einem Speicherkraftwerk zu guten Preisen loswerden konnten. Zumindest in der Mittagszeit gibt es aber inzwischen fast immer so viel Strom aus Fotovoltaikanlagen, dass kein Speicherstrom mehr gebraucht wird. Die Speicher lassen sich also derzeit „ökonomisch nicht mehr rentabel darstellen“, wie es Pfennig formuliert.

Der Politikwissenschaftler und Volkswirt macht aber andererseits auch klar, dass es auf der einen Seite ohne Speicher keine Energiewende geben kann. Und dass gerade die Pumpspeicherkraftwerke auf der anderen Seite ein „immenses Protestpotenzial“ bergen. Wie groß dies ist, zeigt sich in Baden-Württemberg am Pumpspeicherkraftwerk Atdorf im Schwarzwald, das seit Jahren von vielen Gruppen heftig bekämpft wird. Die Argumentation mit technischen Sachzwängen wirke sich dabei auf die lokale Akzeptanz kontraproduktiv aus, so Pfennig. Und er wird nicht müde zu betonten, dass sowohl die gesellschaftliche als auch die politische Akzeptanz für Systemlösungen wie Pumpspeicher unerlässlich sei. Eine Patentlösung dabei gebe es allerdings nicht, man müsse von Fall zu Fall die passenden Lösungen finden.

Die Speicher erfüllen gleich mehrere Funktionen

Mehrfach wurde auf dem Symposium deutlich, dass die hochflexiblen Energiespeicher gleich mehrere Funktionen erfüllen: Sie dienen als Stromreserve und stellen dabei Energie nach Bedarf zur Verfügung, sie nehmen überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien auf und stabilisieren damit auch deren Preis, außerdem leisten sie mit ihrer Regelenergie einen Beitrag zur Netzstabilität. Aber können Speicher auch sichere Leistung liefern? Sie können, sagt Klaus Krueger, Leiter der Forschung und Entwicklung bei dem Unternehmen Voith Hydro Holding.

Auf dem Symposium stellte Krueger zwei Szenarien vor, in denen für die Jahre 2030 und 2050 der bundesweite Stromverbrauch, der sogenannte Lastgang, einmal mit und einmal ohne Pumpspeicherkraftwerke simuliert wird. Dabei sollen 2030 die erneuerbaren Energiequellen 60 Prozent und 2050 80 Prozent des Stroms liefern. Das Fazit: durch den Einsatz der Speicher wird der Lastverlauf geglättet, die Spitzenlast wird reduziert und die nach wie vor erforderlichen konventionellen thermischen Kraftwerke können kontinuierlicher laufen und werden damit weniger belastet.

Das rechnet sich auch finanziell – und zwar deshalb, weil durch die Kombination der verschiedenen Funktionen der Speicher eine hohe Auslastung gegeben ist. Außerdem sinken dadurch auch bundesweit die CO2-Emissionen, weil ein Teil der erforderlichen Regelenergie nicht von thermischen Kraftwerken, sondern von den Speichern kommt – was Brennstoff einspart und den Zubau von Kraftwerke überflüssig macht. Laut Krüger können 2030 bis zu acht Gigawatt zusätzliche Leistung durch Pumpspeicherwerke und bis 2050 sogar 16 Gigawatt wirtschaftlich erzeugt werden. „Das Potenzial ist da, man muss es nur nutzen“, sagt der Voith-Manager.