Exklusiv Hinter verschlossenen Türen ist offenbar die Entscheidung gefallen, wer in den nächsten zwanzig Jahren die millionenschweren Strom- und Gasnetze von Stuttgart betreibt. Es wird eine Kooperation geben zwischen den Stadtwerken Stuttgart und der EnBW-Tochter Netze BW.

Stuttgart - Das Konzessionsverfahren für das Strom- und Gasnetz in der Landeshauptstadt ist entschieden: Der dafür zuständige Unterausschuss des Gemeinderates hat nach Informationen der Stuttgarter Zeitung für die nächsten 20 Jahre eine Kooperation der Stadtwerke Stuttgart mit der EnBW-Tochter Netze BW (früher EnBW Regional AG) empfohlen.

 

Der Beschluss kam mit großer Mehrheit zustande. Die Zustimmung des Gemeinderates, der Mitte März letztendlich entscheiden muss, gilt damit als sicher. Der Vertrag mit der Altkonzessionärin EnBW, die dafür jährlich rund 50 Millionen Euro an die Stadtkasse überwiesen hat, ist bereits Ende 2013 ausgelaufen.

Der Unterausschuss sprach sich am Freitag in einer dreistündigen, nicht öffentlichen Sitzung mehrheitlich für das aus dem Bewertungsverfahren als Punktsieger hervorgegangene Kooperationsmodell zwischen den Stadtwerken Stuttgart und der Netze BW aus. In der neuen Eigentumsgesellschaft Netz halten die Stadtwerke von Anfang an einen Anteil von 74,9 Prozent. Die Netze BW besitzt hingegen als Juniorpartnerin lediglich etwas mehr als ein Viertel der Anteile.

Nach fünf Jahren verändern sich die Besitzverhältnisse

Genau umgekehrt sieht es zunächst bei der Kooperation zwischen den unterschiedlichen Partnern hinsichtlich der Betriebsgesellschaft für das Strom- und Gasnetz aus: Hier hält die EnBW-Tochter die Mehrheit der Anteile, die Stadtwerke müssen sich mit einer Sperrminorität von 25,1 Prozent begnügen. Nach der auf fünf Jahre befristeten Übergangszeit verändern sich die Besitzverhältnisse allerdings zu Gunsten der städtischen Energietochter, die dann auch in der Betriebsgesellschaft mit fast Dreiviertel der Anteile das Sagen hat. Dann sollen beide Unternehmen in einer großen Netzgesellschaft aufgehen.

Dieser Teil der Vereinbarung entspricht dem im Unterausschuss einstimmig gefassten Beschluss, dass sich die Stadtwerke auch als Netzbetreiber wirtschaftlich engagieren sollen. Mit Renditen zwischen sechs und neun Prozent gilt der Netzbetrieb als ein sicheres und profitables Geschäft.

Bei der jetzt gefallenen Entscheidung landeten die Stadtwerke als Alleinbewerber auf dem zweiten Platz. Ausschlaggebend für den Punktsieg des Kooperationsmodells nach dem 2012 vom Gemeinderat aufgestellten Kriterienkatalog war offenbar das Angebot der EnBW, den Stadtwerken früher die Mehrheit beim Netzbetrieb zu überlassen. Ursprünglich sollte es dafür eine Übergangzeit von bis zu zehn Jahren geben. Dagegen hatte es starken Widerstand von der SPD und den Grünen gegeben. Diese waren aber auch der Meinung, dass die Stadtwerke in der ersten Phase des Netzbetriebs einen erfahrenen Partner brauchen würden.

Stuttgarter Haushalte dürften finanzielle Vorteile spüren

Innerhalb der Fünfjahresfrist sollen auch die Strom- und Gasleitungen in Stuttgart messtechnisch vom EnBW-Netz entkoppelt werden. Für die Entflechtung der innerstädtischen Leitungssysteme mit einem Gesamtwert von knapp 200 Millionen Euro waren in der Vergangenheit höchst unterschiedliche Kosten zwischen 2,4 und 70 Millionen Euro genannt worden. Die Entflechtung dürfte aber den Stuttgarter Haushalten spürbare finanzielle Vorteile einbringen. Nach früheren Angaben der Stadtwerke können die Netznutzungsentgelte wegen der hohen Anschlussdichte in der Landeshauptstadt innerhalb der nächsten 20 Jahre um rund eine Milliarde Euro sinken. Das mache für die Kunden beim Strom gut einen Cent weniger je Kilowattstunde aus.

Zuletzt waren in dem Konzessionsverfahren noch die EnBW, die Stadtwerke Stuttgart, das Bündnis der EWS Schönau mit den Stadtwerken Schwäbisch Hall sowie das Trio Veolia, BS Energy und LHI im Rennen. Die Alliander AG, ein Strom- und Gasnetzbetreiber mit Hauptsitz in den Niederlanden, hatte sich im Herbst 2013 ohne Angabe von Gründen zurückgezogen. Zu Beginn des Konzessionsverfahrens hatten noch rund 20 Interessenten ihr Interesse an einem Engagement bekundet.