Im Bodensee wird in den kommenden Wochen ein Forschungsprojekt in 100 Meter Tiefe durchgeführt. Wissenschaftler suchen dabei nach einer neuen Möglichkeit, um überschüssigen Ökostrom zu speichern.

Überlingen - Eine Betonkugel im Wasser zur Speicherung von Energie? Diese Idee wollen Forscher nun im Bodensee testen. Die Kugel mit einem Durchmesser von drei Metern wurde jetzt in Konstanz zu Wasser gelassen und mit Hilfe von Luftkissen und einem Schiff nach Überlingen gezogen. Dort ist der See in Ufernähe tief genug, um ein bundesweit einmaliges Forschungsprojekt durchzuführen.

 

Mit dem Bodensee selbst hat das Projekt Stensea nur wenig zu tun. Die Abkürzung steht vielmehr für Stored Energy in the Sea, zielt also auf die Speicherung von Strom im Meer ab. Dort fällt in Zukunft immer mehr Windstrom an, der beispielsweise nachts so reichlich vorhanden ist, dass er an Land keine Abnehmer hat. Dann würde es sich lohnen, ihn so zu speichern, wie dies beispielsweise in Pumpspeicherkraftwerken an Land geschieht. Ist zu viel Strom im Netz, wird bei Stensea aber kein Wasser in höher gelegene Gebiete gepumpt, sondern eine mit Wasser gefüllte Kugel geleert – und damit der Speicher gefüllt. Wird dann Strom benötigt, darf Wasser in die Kugel strömen und läuft dabei über eine Turbine, die Strom produziert – so wie bei einem Pumpspeicher Wasser vom oberen Becken ins untere fließt.

Viele Vorteile

Die Vorteile solcher Meeresspeicher liegen für die Experten auf der Hand: Sie befinden sich in der Nähe der Strom produzierenden Windräder und man erspart sich endlose Diskussionen um Standorte und notwendige ökologische Ausgleichsmaßnahmen, wie sie beim geplanten Pumpspeicher in Atdorf im Schwarzwald seit Jahren geführt werden. Allerdings muss diese Technik erst noch entwickelt und erprobt werden. Einen großen Schritt vorwärts will nun das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik mit dem Experiment im Bodensee tun.

Mit drei Metern Durchmesser und einem Gewicht von 20 Tonnen hat die Experimentierkugel noch vergleichsweise bescheidene Ausmaße. Später sollen die Kugeln einen Durchmesser von 30 Meter haben, 10 000 Tonnen wiegen und ein Speichervermögen von 20 Megawattstunden haben, bei einer Entladezeit von vier bis acht Stunden. In der Vision der Ingenieure könnte dann eine ganze Batterie von Betonkugeln ausreichend große Speicherkapazitäten für große Windparks liefern.

Seenforscher haben keine Bedenken

Für das Experiment im Bodensee haben die Behörden ihre Zustimmung gegeben – und auch Seenfachleute haben nichts dagegen: „Spitzenstrom zu speichern, ist eine wichtige Zukunftsaufgabe – daher ist es zu begrüßen dass dieses technische Projekt über einen begrenzten Zeitraum im Bodensee erforscht wird“, sagt Harald Hetzenauer. Der Leiter des Langenargener Instituts für Seenforschung betont aber auch, dass dieses Speichersystem nicht auf Dauer im Bodensee eingesetzt werden soll. Ökonomisch sinnvoll ist das auch eigentlich erst in Wassertiefen ab 700 Meter – und so tief ist der Bodensee nun auch wieder nicht.