Ein Unternehmer aus Hohenlohe will den Beweis antreten, dass die Energiewende wirtschaftlich ist. Er betreibt sein Unternehmen allein mit selbst erzeugtem Strom auf der Basis erneuerbarer Energien und vermietet Büroflächen. Seinen Mietern garantiert er eine lückenlose Stromversorgung – auch wenn die Sonne lange nicht scheint.

Neuenstadt - Ganz ohne Anschluss an das öffentliche Stromnetz kommt die Firma Endreß & Widmann Solar GmbH aus Neuenstadt am Kocher aus. Fast 1000 Quadratmeter umfasst das Gebäude der Energiefabrik Enfa. Sie versorgt die Nutzer der gut 350 Quadratmeter großen Produktions- und 600 Quadratmeter großen Bürofläche ausschließlich mit erneuerbaren Energien. Entwickler und Bauherr ist der Solarunternehmer Friedhelm Widmann, der mit dem Gebäude ganz bestimmte Ziele verfolgte: „Ich wollte zeigen, dass eine stabile und wirtschaftlich interessante Energieversorgung machbar ist, die ausschließlich auf erneuerbaren Energien basiert“, sagt der Ingenieur.

 

Auslöser dieser Idee sei die Diskussion über die Machbarkeit und die Finanzierung der Energiewende gewesen: „Ich wollte beweisen, dass es funktioniert“, erklärt er. Ein Mix aus verschiedenen Erzeugungs- und Speicherarten mache dies möglich. Und er fügt hinzu: „Wenn Erzeugung und Verbrauch gut abgestimmt sind, kann eine schwankende Energieversorgung problemlos ausgeglichen werden.“

Zentrum des Autarkieprojekts ist ein Fotovoltaiksystem mit einer Spitzenleistung von 112 Kilowatt peak. Die damit produzierte Solarenergie macht etwa 80 Prozent der Gesamtenergieversorgung aus. Ein Teil der Solarzellen ist an der Außenfassade, ein anderer Teil auf dem Dach untergebracht. „Selbst bei diffusem Licht erzeugt die Anlage noch 50 Prozent ihrer Leistung“, freut sich Widmann.

Sonnenenergie direkt verbrauchen

Für die beste Effektivität sei das oberste Ziel der direkte Verbrauch der Sonnenenergie. Ist trotzdem überschüssige Energie vorhanden, wird diese in einen Batteriespeicher geladen. Würde gar keine Sonne mehr scheinen, könnte er die Fabrik noch zwei Tage lang mit Energie versorgen. „Wir haben diesen sehr großen Puffer gewählt, weil die spezifischen Speicherkosten dadurch geringer wurden“, erklärt Widmann. Trotzdem kostete der Speicher, der allein einen ganzen Raum füllt, noch stolze 90 000 Euro. In der Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde seine Lebensdauer mit fünf Jahren veranschlagt. Eine relativ kurze Zeit, doch Widmann denkt optimistisch: „Ich bin sicher, dass es in diesem Bereich noch viele Entwicklungen geben wird.“ Wenn die Neuanschaffung fällig würde, wären die Anschaffungskosten solcher Speicher sicherlich geringer und die Lebensdauer höher.

Für eine gleichmäßige Auslastung schauen die Solarmodule auf dem Dach in unterschiedliche Himmelsrichtungen. An strahlungsarmen Tagen, wenn die Sonnenenergie nicht ausreicht oder der Speicher leer ist, hilft Biogas unterstützend weiter. Das Naturgas bezieht der Unternehmer nach Bedarf aus dem Stadtgasnetz. „Zum Ausgleich einer schwankenden Energieerzeugung halte ich Biogas für wichtig“, betont er. Je nach Bedarf erzeugt dann ein Blockheizkraftwerk, bestehend aus zwei Aggregaten mit elektrischer und thermischer Leistung, die nötige Energie. „Das ist eigentlich nicht nötig“, gesteht Widmann, aber ein Notfall-Backup: Das zweite Aggregat springt nur ein, wenn das erste defekt ist. Schließlich will er seinen Mietern „hundertprozentige Sicherheit“ gewährleisten.

Für die autarke Versorgung wird nicht nur Strom benötigt. Die Büroräume werden mit drei Wärmepumpen gekühlt und beheizt. „Gerade dann, wenn Kühlung benötigt wird, scheint die Sonne besonders intensiv und versorgt so die Wärmepumpe“, freut sich der Geschäftsmann.

Zudem wird der Strombedarf für drei Elektrofahrzeuge durch die Eigenversorgung gedeckt. Über drei Elektrotankstellen werden die firmeneigenen E-Autos vor Ort mit Energie betankt: Der Mitarbeiter stellt abends das Fahrzeug dort ab und gibt das gewünschte Abfahrdatum ein. „Die Autos werden erst dann geladen, wenn genügend Strom zur Verfügung steht“, erläutert Widmann. Die Steuerung berücksichtigt die aktuelle Wetterprognose und errechnet automatisch den bestmöglichen Zeitpunkt, um möglichst viel Strom direkt in das Fahrzeug zu lenken. Jede Stunde werden dazu die Wetterdaten aktualisiert. Insgesamt eine lohnende Anschaffung für den Geschäftsmann: „So kosten 100 Kilometer gerade mal 85 Cent“, rechnet er vor. Der Verbrauch eines klassischen Benziners würde hingegen mit etwa neun Euro zu Buche schlagen.

Software regelt Energieversorgung

Weitere Geräte, die Strom verbrauchen, werden in Abhängigkeit von der Strahlungsleistung gesteuert. „Die Software zur Steuerung erfasst sämtliche Energieverbräuche, optimiert sie und stimmt sie mit der Erzeugung ab“, erklärt Widmann. So errechnet das Programm den Wärme- bzw. Kühlbedarf des Gebäudes, managt die Raumtemperaturen, die abschaltbaren Verbraucher, optimiert die Beladung der Elektroautos und stabilisiert das autarke Stromnetz. Der Strom kostet Widmann zwischen 6 und 20 Cent pro Kilowattstunde – deutlich weniger, als jeder Energieversorger verlangt. Die günstigste Variante ist, den Strom aus der Anlage direkt zu verbrauchen. „Der höhere Preis ergibt sich aus den Stromentstehungskosten für das Biogas-Blockheizkraftwerk“, erklärt er. An rund 270 Tagen im Jahr komme er allein mit Solarstrom aus, an 40 Tagen würde das Kraftwerk zur Unterstützung zugeschaltet, und an etwa 50 Tagen liefere Biogas allein die nötige Energie.

Die Gesamtinvestitionen für Innenausbau und Technik belaufen sich auf 1,6 Millionen Euro. Die Investitionen in die Energieversorgung veranschlagt er mit rund mit 450 000 Euro. Mit der Amortisation rechnet Widmann innerhalb von 20 Jahren. Technische Hemmnisse sieht er nicht: „Die Enfa zeigt, was ein intelligentes Stromnetz leistet.“ Deshalb glaubt er daran, dass Deutschland im Jahr 2050 einzig und allein mit erneuerbaren Energien versorgt werden kann.

Erneuerbare Energien weltweit

Global
Weltweit wurden im vergangenen Jahr 310 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien investiert, das sind 16 Prozent mehr als 2013. Das geht aus dem Jahresbericht von Bloomberg New Energy Finance hervor. Vor allem die Nachfrage nach Fotovoltaik-Kraftwerken und -Dachanlagen zog an. 2014 entfiel fast die Hälfte der Erneuerbaren-Investitionen auf die Solarbranche – so viel wie noch nie. Hier flossen im vergangenen Jahr 149,6 Milliarden Dollar und damit 25 Prozent mehr als 2013. Während in der Vergangenheit vor allem Europa auf Erneuerbare setzte, ging der Ausbau in Deutschland und Italien zurück. Dagegen legten China, Japan und die USA kräftig zu. In China stiegen die Investitionen um 32 Prozent, in den USA um acht, in Japan um zwölf Prozent.

Europa
In Europa lag der Anstieg erneuerbarer Energien bei nur einem Prozent. Frankreich verzeichnete durch das größte europäische Fotovoltaik-Projekt Cestas ein 26-prozentiges Wachstum auf sieben Milliarden Dollar.

Deutschland
Deutschland investierte 15,3 Milliarden Dollar, eine Steigerung von drei Prozent. Obwohl der Anteil erneuerbarer Energien im deutschen Strommix in den vergangenen Jahren auf 27,3 Prozent stieg, stammt der überwiegende Teil des hier erzeugten Stroms aus konventionellen Kraftwerken. Mit 157 Milliarden Kilowattstunden lieferten die Erneuerbaren im letzten Jahr mehr als ein Viertel der deutschen Bruttostromerzeugung. Die Sonnenenergie hatte daran einen Anteil von 5,8 Prozen